Über Stauning geht die Sonne auf – mein Besuch 2023
Einmal ganz spät oder ganz früh bei einer Destillerie zu sein, hat seinen ganz besonderen Reiz. Zusammen mit einem Freund und seinem Offroad Camper war ich bei Stauning und habe mich umgeschaut. Und nebenbei die blaue Stunde und den Sonnenaufgang erlebt. Lass Dich von mir zur größten dänischen Whisky Destillerie entführen.
Hintergrundwissen
Bereits 2005 haben sich neun Freunde um die Familie Westerbü aus Stauning gefunden, die dänischen Whisky so traditionell wie möglich, mit möglichst kleinen Brennblasen und mit allen Produktionsschritten vor Ort herstellen wollten. Ahnung von der Whiskyherstellung hatte keiner von ihnen, denn sie sind alle „Quereinsteiger“: Ingenieur (4x), Hubschrauber Pilot, Metzger, Doktor, Koch und Lehrer.
Mit zwei Alambic Stills aus Spanien (400/200 Liter) ging es los und am 14.08.2006 wurde der erste New Make in Stauning produziert. Dann wurde ein alter Bauernhof gefunden und eineinhalb Jahre lang umgebaut bis dann 2008 die Produktion starten konnte. 2015 wollte Diageo die Destillerie für 100 Mio. DKK (ca. 13 Mio. EUR) übernehmen. Die Gründer wollten aber gerne weiter Whisky herstellen und „ihr Ding“ machen und so haben sich die Verhandlungen 1,5 Jahre lang hingezogen bis Diageo für ihr Gebot 40% an Stauning erhalten hat. Die Produktion liegt immer noch in der Verantwortung der neun Freunde, aber über den Vertrieb darf Diageo entscheiden (u.a. welches Land wieviel bekommt).
2018 wurde das neue Gebäude in Betrieb genommen und die Produktionsmenge deutlich gesteigert. Damit ist Stauning heute die größte dänische Whisky Destillerie geworden, aber die älteste aktive sind sie nicht (das ist Vingården Lille Gadegård auf Bornholm). Aber sie sind sicher diejenigen, die den „Trend“ zu den vielen dänischen Whisky Destillerien mit ausgelöst haben.
Tour durch die Produktion
Kai und ich haben eine Freitagabend (Sonder-)Tour mit deutscher Führung vorab gebucht. Wir haben uns ein wenig in dem Besucherzentrum umgesehen, das in die „alte“ Brennerei eingezogen ist. Die ersten zwei Brennblasen und die alte „Mashtun“ stehen hier noch. Kai war damals schon hier und konnte sich noch gut erinnern. Vor Ort hat uns Karsten in Empfang genommen und uns im Besucherzentrum einen ersten Überblick zu Stauning gegeben. Da parallel zu uns eine dänischsprachige Tourgruppe mit einem Whisky im Besucherzentrum der Stauning Geschichte gelauscht hat, haben wir uns schon mal auf den Weg gemacht und die Destillerie erkundet.
So konnten wir uns in Ruhe die Malzböden mit den selber konstruierten Rechen anschauen und erklären lassen. Es hat halt doch seine Vorteile, wenn man gleich über 4 Ingenieure verfügt. Weiter geht es vorbei an den „Räucherkammern“ und auch die sind selber konstruiert. Ein Förderband bringt das Malz in den Ofen und auch zum Verteilen und Rausholen gibt es Mechanismen. Weiter ging es auf den Hof wo das fertige Malz gelagert wird und der Brennofen steht. Der Brennofen wird mit Torf und Heidekraut befeuert.
Zurück im Gebäude ging es vorbei an der Mühle und dann hoch zu den zwei Mashtuns und dem Mashfilter vorbei an Büroräumen. Netter Arbeitsort. Weiter dann zu den Washbacks in die wir auch hineinschauen durften. Und dann waren wir im Brennhaus angekommen. Hier ist alles voll mit (größeren) Alambic Stills. Von der Plattform, auf der die Wash Stills stehen, hat man einen guten Ausblick durch die Glasfront Richtung Straße.
Am Ende der Plattform ging es einige Stufen hinunter zu den Spirit Stills und den beiden Spirit Safes. Hier lies uns Karsten von den drei verschiedenen New Makes jeweils ein paar Tropfen probieren (via Pipette auf die Hand). Sehr spannend, wie sich Rye (69.7%), Barley (66.7%) und Smoke (70%) unterscheiden. Zur Überwachung und Steuerung der Anlage gibt es einen Computer. Zum Abschluss durften wir auch noch einen Blick unter die (laufenden) Brennblasen werfen. Sehr warm!
Nach der Wärme im Brennhaus kam ein kleiner Spaziergang zum Lagerhaus gerade richtig. Wir haben uns im „Port 4“ umgesehen. Hier lagern die Fässer auf Paletten (palletized), je vier auf einer Palette, vier Paletten übereinander. Hier gibt es eine ganze Reihe verschiedener Fasstypen und natürlich auch in Kombination mit den drei unterschiedlichen Stilen. Auf dem Weg zurück zum Besucherzentrum zeigte uns Karsten noch die Abfüllhalle (von außen, denn hier passiert gerade nichts mehr). Im Eingangsbereich inspizierten wir nicht nur das „durchsichtige Fass“, sondern auch die Fässer an der Decke, auf die uns Karsten aufmerksam gemacht hat. Das hatte ich tatsächlich komplett übersehen. Schön gemacht.
Im Shop gibt es neben Whisky (u.a. Sonderabfüllungen „Distillery Exklusive“) auch Kleidung (Shirts und Pullis), Gläser, Flachmänner, Lakritze (mit Stauning Whisky), Kaffee (aus dem Stauning Fass) und noch einiges mehr. Wir haben uns ein wenig eingedeckt und den Kaffee habe ich zwischenzeitlich auch probiert. Mir ist der etwas zu stark an Aromen von Whisky, aber ich bin da auch ein „Purist“ und war nur neugierig.
Unser „LineUp“
Wir schauen uns ein wenig im Shop um und Karsten versorgt uns mit ein paar Proben. Wir sind neugierig und dürfen allerhand probieren, denn wir haben es nicht weit zum Camper.
Unsere Proben:
- Stauning Barley Ramondolo Cask Finish (Distillery Exclusive)
- Stauning Barley Cherry Wine Cask Finish (Distillery Exclusive)
- Stauning Bastard
- Stauning KAOS
- Stauning KAOS Rum Cask
- Stauning SMOKE (Distillery Exclusive)
Mir hat der KAOS Rum Cask am Besten gefallen und so habe ich davon eine für ein gemeinsames Tasting mit Freunden mitgebracht. Kai und ich hatten es nicht weit zum Camper und nach einem Abendessen haben wir uns nochmal auf Fototour gemacht. Stauning zur blauen Stunde haben wir nicht ganz geschafft, aber ein wenig konnte ich davon noch einfangen. Deshalb habe ich mich am nächsten Morgen nochmal auf den Weg gemacht und ein paar Sonnenaufgangsbilder eingefangen.
Technische Daten der Stauning Distillery
Stauning lässt Roggen und Gerste exklusiv bei zwei regionalen Bauern anbauen. In 2 Silos lagert eine Reserve für 2 Jahre Produktion. Das Getreide wird auf den eigenen Malzböden ausgelegt und mit dem Rechensystem verteilt, gewässert und gewendet. Die vier Böden sind je 55 Meter lang, 5,50 Meter breit und fassen jeweils 10 Tonnen. Die Menge reicht dann für ca. 4.000 Liter bzw. ca. 20 Fässern (ex-Bourbon mit knapp 200 Litern). Die Trocknungszeit beträgt 2 Tage an denen regelmäßig gewendet wird bevor es in den „Kiln“ geht. Dort wird mit Torf und Heide geräuchert. Wenn Torf verwendet wird, dann etwa mit 10-20 ppm.
Die Mühle ist eine AR 2000 (von Alan Ruddock wie bei Torabhaig, Ardnamurchan, Nc’nean und einigen anderen „neuen“). Je 5 Tonnen (die Hälfte eines Malzbodens) werden pro Mashtun (2 Stück) verarbeitet und ergeben zusammen 24.000 Liter Wort (Würze). Diese kommen in eines der 8 Washbacks mit 10kg Hefe und verweilen dort für eine Fermentationszeit von 96 Stunden (4 Tage).
Die Wash wird dann auf die 16 Wash Stills verteilt (ca. 1.500 Liter), die sich oben auf der Plattform befinden. Übrig bleibt ca. 1/3 (also ca. 8.000 Liter), die dann auf die 8 Spirit Stills verteilt werden, die sich im Erdgeschoss befinden. Alle 24 Alambic Stills haben ein Fassungsvermögen von je 2.000 Litern. In 2022 wurden 797.000 New Make (mit 64%), d.h. ca. 510.000 LPA produziert. Das entspricht laut Axel ungefähr der maximal geplanten Auslastung, aber nicht der maximalen Kapazität der Anlage. Die Produktion betreuen 3-4 Personen in einer Schicht von 8-16 Uhr an 6 Tagen die Woche. Insgesamt arbeiten ca. 30 Personen in Dänemark und insgesamt 45 international für Stauning.
Vor Ort gibt es vier neue große Lagerhäuser mit je Platz für ca. 16.000 Fässer und ca. 3 Mio. Litern (bei ASB / American Standard Barrel a 200l). Darüber hinaus existiert auch noch das „alte“ Lagerhaus in dem spezielle und private Fässer gelagert werden.
Fazit meiner Tour durch die Stauning Distillery
Wer kein dänisch spricht (wie wir) sollte darauf achten, dass er eine deutsche Tour vorab bucht. Das war ein sehr schöner Besuch und wir sind von Karsten und seinen Kolleg:innen hervorragend betreut worden. Es ist eine spannende Mischung aus vielen kleinen Details, die anders sind als bei anderen Destillerien, und einer großen Produktionsanlage für fast eine Millionen Liter pro Jahr aus Alambic Stills. Vor allem das Still House lässt mein Fotografenherz höher schlagen, denn da steht ziemlich viel Kupfer (24 Stills!) mit viel Tageslicht über zwei Etagen verteilt.
Sonnenauf- und -untergang sind für Fotografen besonders reizvolle Zeiten und mit dem Camper konnten wir beides möglich machen. Das war eine sehr interessante Erfahrung und hat es uns auch ermöglicht, dass wir beide vor Ort die Produkte probieren konnten. Ich hoffe die Bilder gefallen Dir!
Früher haben mir die Abfüllungen von Stauning nicht so gut gefallen, aber zwischenzeitlich habe ich Gefallen daran gefunden. Vor allem die Kombinationen sind sehr spannend. Animiert zu dem Besuch hat mich ein Online-Tasting (inkl. Führung) mit Alex (Das Stauning Distillery Tour Set von whic.de). Ich freue mich auch schon auf den ersten Roggenwhisky der in der neuen Destillerie produziert wurde und demnächst erscheinen wird.
Vielen Dank an Karsten, Henning und Alex für die besondere Tour!
Touren kannst Du direkt auf der Stauning Webseite buchen. Dort gibt es auch viele Videosequenzen, die für den ein oder anderen vielleicht sogar noch mehr das Feeling vermitteln, wie es vor Ort aussieht.