Besuch bei SLYRS am Schliersee
Am Schliersee, mit herrlichem Blick auf den Wendelstein, findet sich die bayerische Destillerie SLYRS. 1999 wurde bei Lantenhammer der erste SLYRS Whisky destilliert. Eine eigene Whisky-Destillerie wurde 2007 in Neuhaus fertig gestellt.
Der Name stammt von fünf Mönchen, die im Jahr 779 ein Kloster SLYRS (=’Schlürs‘) in der Einöde von Schliersee gründeten. Später wurde auch die Gegend SLYRS genannt, daraus wurden wiederum Schliers bzw. Schliersee. Der Whisky, der seit 1999 bei Lantenhammer produziert wird (die Maische wurde bei der Karg Brauerei hergestellt), sowie die Destillerie, die 2007 fertiggestellt wurde, tragen deshalb den Namen SLYRS. Letztes Jahr ist der SLYRS mit PX (Pedro Ximénez) Finish bei den World Whisky Awards mit Gold als „Bester Single Malt Whisky Europas“ ausgezeichnet worden. (Anm.d.R. in dieser Kategorie ist Schottland „ausgeklammert“)
Hans Kemenater, Master Distiller von SLYRS, habe ich auf der Finest Spirits gesprochen und diesen Besuch vereinbart. Meinen ersten SLYRS habe ich 2003 probiert. Für einen dreijährigen Whisky nicht schlecht. Hergestellt wurden die Whiskys bis zur Abfüllung 2010 aber alle noch auf der Obstbrennanlage von Lantenhammer. Die neue Anlage muss ich aus der Nähe sehen.
Nach einem kurzen Film zur Geschichte von SLYRS nimmt mich Destillateur Dominik Lintner in Empfang und unternimmt mit mir einen geführten Rundgang durch die Produktionsanlage. Bei SLYRS darf man ohne Begleitung die „einfache Tour“ machen oder kann eine geführte Tour mit einem der Destillateure buchen. Bei meiner Tour werden die Ketten und Absperrungen weggenommen und mir wird jeder Winkel gezeigt. Dominik erklärt mir den Herstellungsprozess mit allen seinen Feinheiten und kann mir alle Fragen zu meiner vollsten Zufriedenheit beantworten.
Zwei 26 Tonnen Malz fassende Silos befinden sich hinter der Produktionshalle. Von dort werden automatisch ca. 330 Kilo Malz zur Mühle geführt, gemahlen und mit 55°C heißem Wasser vermengt in die Mashtun (Maischebehälter) geleitet. Aufgeheizt wird auf 62°C und nach weiteren 30 Minuten auf 72°C. Danach wird der klare Wort über einen Wärmetauscher in einen der neun Gärtanks (Washbacks) geleitet. Diese sind aus Edelstahl, fassen 5.150 Liter (werden aber nur mit 3.000 Litern gefüllt) und sind komplett geschlossen. Beim Füllen kann unten an den Tanks eine Luke geöffnet und die mit Wasser vermengte Trockenhefe hinzugegeben werden. Danach bleibt der Tank für sieben Tage geschlossen – bis auf das CO2 Überlaufrohr, das mit einem Schlauch verbunden wird. Die Gärtanks haben eine Klimahülle und können damit die Temperatur bzw. den Gärvorgang beeinflussen.
Die beiden Wash Stills werden mit je 1.500 Litern (entspricht in Summe einem Gärtank) gefüllt und von dort direkt in die Spirit Still weitergeleitet. Eine deutsche Zoll-Eigenart ist die hinter einem Glaskasten verschlossene Spirit Still mit Zulauf-Zähler und Ablauf-Zähler. Pro Brennvorgang fallen ca. 12,5 Liter Vorlauf an und ca. 400 bis 450 Liter Mittellauf mit 70%. Der Vorlauf wird separiert und in einem eigenen Tank für die Steuerbehörden aufbewahrt. Auf jeden Liter der aus der Spirit Still kommt wird in Deutschland Steuer kassiert. Das sind derzeit 13,03 EUR pro Liter purem Alkohol (100%) und damit ca. 3.600.- EUR pro Brennvorgang. Der Nachlauf wird automatisch entsorgt und läuft nicht über den Zähler.
Der Mittellauf wird in einem 5.200 Liter fassenden Tank gesammelt und auf 55.1% heruntergesetzt bevor er in Fässer kommt. Die ca. 550 Fässer kann man in der Fasshalle bestaunen. Die meisten wurden von der World Cooperage in Missouri hergestellt. Die Eichenfässer fassen 225 Liter (nur 220 Liter werden gefüllt), werden im Ganzen verschifft und an den Schliersee gebracht. Die restlichen Fässer lagern in Fischbachau und einige wenige „auf der Alm“. Der Angel Share sorgt dafür, dass nach drei Jahren nur noch 200 von den 220 Litern übrig sind. Das sind ca. 3% pro Jahr. Typische Batches werden aus 16 Fässern (3.200 Liter) auf 43% heruntergesetzt zu 5.000 Litern SLYRS. Sämtliches Wasser bei der Herstellung kommt aus der Bannwald-Quelle, die die gesamte Region mit frischem Quellwasser versorgt.
Gearbeitet wird im 2-Schicht-Betrieb an 5 Tagen. In der dritten Schicht laufen die automatisierten Reinigungsprozesse.
Am Ende der Tour befindet sich ein sehr schöner Raum mit Bar, Sitzmöglichkeiten und Blick auf den Wendelstein. Hier sind auch alle Abfüllungen von SLYRS ausgestellt. Dominik lässt mich an den verschiedenen Proben riechen – Vorlauf, Mittellauf, Nachlauf, 3 jährigem in Fassstärke und heruntergesetzt. Und zum Probieren bekomme ich auch noch etwas. Sehr schön!
SLYRS ist eine kleine, aber sehr interessante und sehenswerte Destillerie. Einige Dinge laufen deutlich anders als bei den großen schottischen Vorbildern. Und der SLYRS hat absichtlich eine sehr fruchtige Note im Abgang (erinnert mich sehr an einen guten Obstbrand).
Vielen Dank an SLYRS und Dominik für die Besichtigung.
Hier erfahrt Ihr mehr über SLYRS oder könnt Eure Tour buchen.
Und wenn Ihr wissen wollt, wo SLYRS oder andere deutsche Destillerien liegen, schaut Euch doch auf der Whisky-Map um.