SRT17 – Glen Moray – MASTERY und kopflose Potstills
Bei Glen Moray gab es am 28.04.17 nicht nur exklusiv den neuen MASTERY inklusiv seiner fünf Einzelteile in Fassstärke mit dem Distillery Manager Graham Coull zu probieren, sondern auch noch drei neue 1994er Abfüllungen (Bourbon, Sherry, Peated Cask). Und weil das noch nicht genug Highlights sind, führt er uns vorher noch durch den neuen Erweiterungsbau seiner Destillerie. Hier sehe ich das erste Mal Potstills ohne ihre Köpfe.
Heute Morgen Glen Keith und im Anschluss Longmorn. Weiter geht es nun zu Glen Moray nach Elgin. Hier war ich bereits mehrere Male für Abendveranstaltungen in der ehemaligen Cooperage, aber heute darf ich eine Jubiläums-Abfüllung noch vor Markteinführung probieren und endlich eine Tour durch die Destillerie machen. Graham hat mir dies bereits mehrfach angeboten und auch das Fotografieren erlaubt (das darf jeder bei Glen Moray!), aber es musste erst ein spezieller Spirit of Speyside Event kommen, damit ich das endlich umsetze.
Hintergrund
Glen Moray feiert 2017 das 120-jährige Jubiläum (siehe auch hier: Glen Moray feiert 120 Jahre). Gegründet wurde Glen Moray am 27.01.1897 von der The Glen Moray Glenlivet Distillery Company Limited und hat am 13.09.1897 den ersten New Make produziert. Ursprünglich war die Destillerie seit 1830 die Elgin West Brewery und hat diverse lokale Ales produziert. Das erklärt das Äußere von Glen Moray, denn man würde nicht sofort auf eine Destillerie schließen. 1958 wird eine Saladin Box eingeführt und 1978 die eigenen Maltings eingestellt. 1996 wird dann der Eigentümer Macdonald & Muir zu Glenmorangie plc. 2004 kauft Louis Vuitton Moet Henessy die Glenmorangie plc und damit die drei Destillerien Glenmorangie, Ardbeg und Glen Moray. 2008 wird Glen Moray dann an La Martiniquaise weiterverkauft und landet damit in französischer Hand. Ab 2011 beginnen Austausch und Erweiterungen, aber in 2017, dem Jubiläumsjahr, wird noch Mal deutlich erweitert. Auch die Abfüllungen haben sich im Laufe der Jahre verändert. Aus Supermarkt-Billigware wurde wieder ein vernünftiges Produkt und auch im Bereich von Finishes gibt es immer wieder die eine oder andere tolle Überraschung.
Meine Tour
Wir treffen uns im Visitorcenter, in dem es auch Kaffee und Snacks gibt. Während ich hier so stehe und warte, spricht mich ein Schotte an und freut sich, dass er mich wiedersieht. Es ist Dave, mit dem ich 2013 beim Spirit of Speyside Whisky Festival (SoSWF) zwei Fotoevents gemeinsam besucht hatte. Immer wieder schön, wenn man beim Festival auf alte Bekannte stößt.
Dann begrüßt uns Graham und startet die Tour bei den Malt Bins. Von dort geht es weiter zur Porteus Mühle. Ab dann verlassen wir die „normale“ Tour und sehen uns den neuen Teil der Destillerie an, der gerade entsteht. In der neuen Produktionshalle fehlt ein Teil vom Dach, und die Sonne lacht herein. Vor uns eine riesige Mash Tun. Dahinter die neuen Wash Stills, aber noch ohne ihre Köpfe und Hälse, denn die Stills werden gerade erst über das offene Dach eingesetzt. Trotz allerlei Baustellengeländer dürfen wir uns frei bewegen und alles fotografieren.
Weiter geht es durch den rückwärtigen Ausgang ins Freie, denn dort stehen die neuen Washbacks fertig installiert auf dem Hof. Diese werden im Freien bleiben und dort dem schottischen Wetter ausgesetzt sein. Vorbei an den Kondensatoren der alten Spirit Stills nähern wir uns dann dem alten Stillhouse und werfen einen Blick auf die Stills bevor es weiter ins Lagerhaus geht. Auf eine kleine Besonderheit macht uns Graham dort aufmerksam: Bei Glen Moray wird mit Anfang und Ende eines Destillery Managers ein besonderes Fass abgefüllt und mit Name und Datum beschriftet. So hörte Ed Dodson am 25.03.2005 auf und Graham begann am 19.08.2005. In den 120 Jahren seit Bestehen ist Graham erst der fünfte Master Distiller. Weiter geht es nun in die bekannte Cooperage, denn dort wartet bereits das Tasting auf uns.
Produktion
Zwei spannende Informationen habe ich bei der Tour ebenfalls erhalten. Zum einen: aktuell werden etwa 40% der Produktion für Single Malt genutzt. Zum anderen: Die Kosten für die gemälzte Gerste stellen ca. 60% der Herstellungskosten dar.
Das Mastery-Tasting
Unsere Gruppe verteilt sich an den Tisch in U-Form und erst jetzt wird mir klar, dass wir eine große Gruppe Franzosen dabei haben und eine große Gruppe Schweden. Dann bleiben noch zwei Schotten und ich. Franzosen links, Schweden rechts und wir in der Mitte. Ergänzt wird die „schottische“ Sektion noch von Fay Coull. Graham hatte seine Whiskys auf einem Fass stehen und baut sich in der Mitte vor uns auf. Bevor er jedoch durch das Tasting führt, dürfen wir uns den neuen Imagefilm des Mastery anschauen, denn die französische Kollegin aus dem Marketing von La Martiniquaise ist ebenfalls mit uns auf Tour.
Dann klärt uns Graham über die Bestandteile des Mastery auf und zu jedem finden wir eine Fassprobe vor uns auf dem Tisch. Verraten werden uns der Jahrgang, die Stärke und der Fasstyp:
- 1978, 52.3%, Bourbon
- 1988, 56.1%, Port
- 1994, 56.1%, Madeira
- 1999, 50.5%, Sherry (volle Reifezeit, 2nd fill)
- 2001, 52.7%, Madeira – größter Anteil
- MASTERY, 52.3%, ncf, 1.000 Flaschen, UVP 800.- GBP
Da ich im Anschluss zu dieser Veranstaltung noch fahren muss, fülle ich mir diese Proben ab und rieche nur daran. Am meisten fasziniert hat mich der 78er Bourbon. Offiziell vorgestellt wurde der MASTERY in Deutschland erst im July: NdW 27|17.
Offizielle Tasting Notes
- Colour: Rich gold
- Nose: An aroma explosion of sugar crusted rhubarb crumble, chocolate raisins and oak smoked toasted almonds
- Taste: A cocktail of roasted & toasted coffee beans, melted dark chocolate and sweet raisins infused with fortified wine. Rich and complex and extremely well balanced.
- Finish: Long and satisfying. Spice and oak come to the fore. One to savour and reflect on.
Nach dem Tasting führt uns Graham zurück ins Visitorcenter, und da wir ja noch nicht genug probieren durften, schenkt er uns noch die drei neuen 1994er Finishes ein: Bourbon, Sherry und Peated Cask. Auch die drei kommen ins Reisegepäck.
Fazit
Graham und seine Frau Fay haben einen tollen Event organisiert. Zuerst die Fassproben und anschließend das fertige Produkt, dies ist immer eine sehr gelungene Demonstration des Handwerks „Master Blender“. Ich würde nie im Leben aus diesen Einzelprodukten zu dem Gesamtergebnis kommen. Der Mastery ist eine sehr gelungene Jubiläumsabfüllung, aber mir hat es der 78er angetan. Leider gibt es davon nicht mehr als die kleine Probe. Zwischenzeitlich ist der Umbau fertig und ich wiederhole die Tour gerne wieder. Der besondere Reiz lag aber gerade darin, eine Destillerie im (Um-)Bau aus nächster Nähe sehen zu dürfen. Auch diesbezüglich stellt Glen Moray eher die Ausnahme als die Regel dar – ich sage nur Health & Safety!
Die anderen Stationen meiner Reise (SRT17 = Schottland RoadTrip 2017) findet Ihr hier: Schottland Roadtrip 2017 – 20 Destillerietouren in 14 Tagen.