Destillerietour

Reisebericht: Roseisle

Roseisle kennt Ihr nicht? Das wundert mich nicht. Relativ neu und (bisher) ohne eigene Abfüllungen ist Roseisle die große Produktionsanlage von Diageo. Dem Hörensagen nach kann Roseisle jeden gewünschten Whiskystil herstellen, der für die Blends benötigt wird. Und das auf Knopfdruck. Ich treffe den Distillery Manager Mark Lochhead und finde heraus, was hier wirklich passiert.

Roseisle ist eine große Industrieanlage. Diageo hat auf dem Gelände nordwestlich von Elgin bereits seit 1965 eine Mälzerei und seit 2009 nun auch eine Destillerie untergebracht. Bisher ist noch kein Single Malt aus Roseisle auf dem Markt erschienen, denn der hier produzierte Whisky wird für die hauseigenen Blends (vor allem Johnnie Walker) benötigt. Das soll andere Brennereien des Konzerns entlasten und so die Möglichkeit geben, mehr Single Malts der „alten“ Destillerien auf den Markt zu bringen. Das klappt aber nur, wenn man auch unterschiedlichen Whisky herstellen kann und das kann Roseisle auch. Aber wie?

Hier gibt es kein Visitor Center und Zutritt zu bekommen ist nicht einfach. Ich hatte im letzten Jahr ein Ticket, um mir Roseisle während des Spirit of Speyside Whisky Festivals anzuschauen. Dieser Besuch wurde aus technischen Gründen von Diageo sehr kurzfristig storniert und wir durften uns stattdessen Linkwood anschauen: SoSWF2015: Roseisle | Linkwood – Blick in eine versteckte Destillerie. Hier wurde uns dann versprochen, auch Roseisle besuchen zu dürfen und so habe ich mich um die Einlösung dieses Versprechens gekümmert. Mark Lochhead nimmt mich am gesicherten Haupteingang in Empfang und geht mit mir erst einmal einen Kaffee trinken. Dann werde ich mit Sicherheitshelm und Warnweste ausgestattet und los geht die Tour.

Distillerietour: Außenbereich, Mühle, Mashtuns, Washbacks, Stillhouse

Roseisle Außenansicht

Außenbereich

Erste Station ist vor der Tür. Das Gebäude folgt den Produktionsabläufen. Die drei Malzbehälter stehen vor der Tür ganz links und haben ein Fassungsvermögen von je 120 Tonnen. Links hinter dem Gebäude die Wasserquelle. Dann folgen im Inneren hinter den Malzbehältern die Mühle, das Mashhouse (der türkise Gebäudeteil) und schließlich das Stillhouse (braun) ganz rechts am Ende des Gebäudes. Nun zurück ins Gebäude und alles aus der Nähe betrachten.
Bühler Mühle

Mühle

Das Malz kommt zwar größtenteils von den eigenen Maltings, aber auch von dort wird es mit LKW angeliefert. Erst einmal ein paar Treppen hoch und einen Flur entlang. Tür auf und wir stehen vor der Bühler Mühle. Ein ähnliches Modell wie bei Dalmunach. Unterschied zu Dalmunach: hier darf ich fotografieren. Die Mühle verursacht zwar viel Lärm, aber fast keine Vibrationen. Weiter geht es zur Mashtun. Wieder ein paar Flure und Treppen später stehen wir im Mashhouse.
Mark Lochhead

Mashtuns

Hier gibt es nicht nur eine, sondern gleich zwei Mashtuns. Beide fassen je 12,5 Tonnen. Der Heißwassertank kann 55.000 Liter speichern und nach sieben Stunden kommen 112.000 Liter Wash aus einer Mashtun. Pro Tag werden drei Mashes produziert und pro Woche 21 bei einem sieben Tage, 3 Schichten mit je zwei Mitarbeitern Betrieb. Nach dem Befüllen über den Mischer werden das zweite und dritte Wasser gesprinkelt und das dritte wieder als erstes Wasser genutzt.
Washbacks - Teil 1

Washbacks

Auf dem Weg zu den Washbacks kann ich einen Blick auf die Dimensionen werfen. 112.000 Liter sind eine ganz schöne Menge. Erst sehe ich geradeaus einige Washbacks, dann schweift mein Blick nach rechts und dort stehen weitere Washbacks. In Summe 14 Stück mit je 112.000 Liter, das sind mehr als 1,5 Millionen Liter gesamt! Moderne Technik und die Edelstahl-Waschbacks sind auch alle mit Switchern ausgestattet. 80-85 Stunden ist die normale Fermentationszeit aktuell. Am Ende stehen noch zwei weitere Edelstahltanks, auf die mich Mark aufmerksam macht. Das sind keine Washbacks, sondern zwei Warmwassertanks, die über eine zwei Meilen lange Pipeline mit den Burghead Maltings verbunden sind. Dort wird die Wärme weiterverwendet.
Stillhouse View

Stillhouse

Jetzt kommt der Moment auf den ich lange gewartet habe. Hinter dem Mashhouse liegt der Kontrollraum. Dort sitzen der Mashman und der Stillman und jeder hat sein „Haus“ im Blick. Von dort darf ich in das Stillhouse gehen und meinen Blick über die 14 Stills schweifen lassen. Ein Washback (mit 112.000 Litern) füllt alle sieben Wash Stills. Und hier sehe ich den ersten deutlichen Unterschied im Equipment: die Stills 2, 4 und 6 haben ZWEI Kondensatoren. Einen aus Kupfer (wie alle anderen) und einen aus Edelstahl. Diese sind „umschaltbar“, d.h. der Stillmann kann entscheiden, welchen Kondensator er nutzt. Alle Stills werden mit externer Hitzequelle und nicht mit innenliegenden Dampfspiralen beheizt. Über moderne Keramik-Wärmetauscher sind die Stills optimal steuerbar. Die sieben Spirit Stills sind deutlich dunkler (tiefes Mahagoni-rot). Die Maximalkapazität liegt bei 12,5 Millionen LPA (Liter purer Alkohol) pro Jahr. Aktuell werden ca. 10 Millionen LPA produziert.

Fazit

Zwei Kondensatoren

 

Kann Roseisle jeden Whisky-Stil herstellen? Ja, genauso wie jede andere Destillerie. Das einzige „besondere“ sind die beiden Kondensatoren. Und viele extra Leitungen und Behälter. Denn im Gegensatz zu einer „normalen“ Destillerie gibt es hier mehrere davon und so müssen keine Säuberungsläufe durchgeführt werden, sondern „peated“ wird z.B. einfach über separate Rohrleitungen in einem separaten Tank geparkt. Alleine durch die Dimensionen und die Ausweichmöglichkeiten kann man hier sehr flexibel in die Produktionsabläufe eingreifen. Und die beiden Kondensatoren? Die sind vermutlich (bisher) einzigartig. Das war eine großartige Erfahrung und alleine schon von den Dimensionen ein Erlebnis. Dies war eine sehr lehrreiche Tour mit Mark.

Danke an Diageo, Laura Sharp und vor allem Mark für diese besondere Tour!

Wenn Ihr den Rest meiner Besuchsberichte zu dieser Reise lesen wollt: Reisebericht: SoSWF 2016 & Northcoast 500

SoSWF - 2016 Roseisle

Mein nachgeholter Roseisle Besuch aus 2015
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