Unabhängige Abfüller

UA im Profil: Signatory Vintage

Signatory dürfte den meisten bekannt sein. Signatory ist sehr zurückhaltend mit der Preisgabe von Informationen und etwas in Erfahrung zu bringen, gestaltete sich schwieriger als vermutet. Wie viele Fässer besitzt die Firma und wie kommt sie an diese? Mal sehen, was Signatory verraten hat…

Es ist nicht ganz einfach gewesen, an die gewünschten Informationen zu kommen. Ich war schon kurz davor diesen Artikel vor einigen Wochen mit sehr wenigen Angaben zu veröffentlichen, aber mir ist es auf meiner Schottlandreise dann doch noch gelungen, vor Ort einige weitere Informationen zu bekommen.

Zusammenfassung

Die offizielle Firmierung, der von den meisten nur Signatory genannten Firma lautet Signatory Vintage Scotch Whisky Co. Ltd. Der Geschäftsführer ist Andrew Symington. Andrew hat das Unternehmen 1988 gegründet und ist zudem auch Besitzer der Edradour Brennerei nahe Pitlochry. Insgesamt hat Signatory 10 Mitarbeiter. Edradour hat Andrew 2002 für 5.4 Millionen GBP übernommen und dann auch den Firmensitz dorthin verlagert. Bereits 2008 habe ich die kleine (damals noch kleinste) und hübsche Brennerei besucht. Dieses Jahr wird die Erweiterung von Edradour II fertig (Bericht folgt) und damit auch ein deutlich größeres Lager vor Ort für Signatory. Ich durfte mich mit Des McCagherty der „rechten Hand“ von Andrew unterhalten und mich vor Ort umsehen. Signatory wird aktuell in 40 verschiedenen Ländern über ein Händlernetzwerk verkauft. Zentrales Marketing oder PR? Fehlanzeige. Sowohl Andrew als auch Des sind beides „Hands On“-Typen. Andrew ist Stapler gefahren, als ich zu Besuch war und auch Des musste unser Gespräch ein paar Mal unterbrechen. Die beiden haben viele „Projekte“ gleichzeitig am Laufen (Neue Abfüllungen, Fasskauf, eine Whisky-Destillerie am Laufen halten, eine neue Destillerie bauen, etc.) und werden an vielen Stellen gebraucht. Als ich gesehen habe, wie die beiden eingespannt sind, war ich fast ein wenig über meine eigene Erwartungshaltung verwundert, eine schriftliche Antwort von Signatory zu bekommen.

Adressen – real und virtuell

  • Adresse: Edradour Distillery, Pitlochry, Pertshire PH16 5JP (Google Maps)
  • Webseite: Es gibt keine Webseite oder Auftritte in den Sozialen Medien

Marken und Ranges

Jeder UA hat eine oder mehrere Marken unter denen er seine Abfüllungen auf den Markt bringt. Signatory hat eine Vielzahl dieser und deshalb versuche ich die Unterschiede ein wenig herauszuarbeiten.

Signatory Range

  • 43%
    Abgefüllt mit 43%, nca. Verpackt in gelb-kupfernen Dosen
  • Un-Chillfiltered
    Abgefüllt mit 46%, ncf, nca. Verpackt in silbernen Dosen
  • Cask  Strength
    Abgefüllt mit Cask Strength, meist über 50%. Verpackt in einem schweren Dekanter mit ovaler Dose.
  • Rare Reserve
    Seltene und meist sehr alte Single Malts oder Grain Scotch Whisky. Abgefüllt mit Cask Strength, meist über 50%. Verpackt in einem schweren Dekanter mit Holzbox.
  • Single Grain Collection
    Es warten auch noch ein paar Grains darauf abgefüllt zu werden (siehe unten).

ncf = no chill-filtration (keine Kältefiltration), nca = no color added (ohne Zusatz von Zuckerkulör)

Preise und Rahmenbedingungen der Abfüllungen

Altersrange Je nach Range sowohl junge Whiskys (8yo oder jünger) bis hin zu über 40yo alten Whiskys mit einzelnen 50-jährigen
Preise Alles vertreten von günstig bis teuer – „Keep everybody happy“
Alkoholstärke 43%, 46% oder Cask Strength; je nach Range
Anzahl Destillerien Sämtliche Brennereien Schottlands
Regionen Campbeltown, Lowland, Islay, Speyside, Highlands & Islands
Abfüllungen / Jahr > 10
Abfüllungen seit Gründung Keine Angabe
Abfüllanlage und Wasser Abgefüllt in Pitlochry, Edradour; Selbes Wasser wie für Edradour

Fässer und Wood-Policy

Signatory hat keine eigenen dedizierten Lagerhäuser, sondern lagert die Fässer in der eigenen Edradour Destillerie und auch über Schottland verteilt in anderen Lagerhäusern. Vor Ort lagern zur Zeit ca. 1.000 Fässer von Signatory und über Schottland verteilt weitere ca. 13.000. Das macht insgesamt ca. 14.000 Fässer, die mit der Fertigstellung der neuen Lagerhäuser sukzessive  nach Pitlochry verlagert werden. Unter den Fässern sind auch einige Grain Fässer (2007-heute).

Des, welche Fässer kauft Ihr und wie gestaltet Ihr Eure Produkt-Range damit?

Des erklärt mir, dass sie in der Regel aus ihrer Sicht interessante Fässer oder die big names kaufen.

„Aktuell gibt es ein großes Spektrum von sehr jung bis extrem alt in den Lagerhäusern. Gekauft werden meist zwei gleiche Fässer (zwei Bourbon, zwei Hogsheads oder ein Butt) in einem Paket (besteht meist aus ca. 30 Fässern). Damit wird versucht, die Produktliste immer aktuell zu halten

Zurück im Jahr 2002 wurde es immer schwieriger gealterte Whiskys auf dem freien Markt zu kaufen. Davor waren Single Malts noch nicht so etabliert und man konnte gelagerte Whiskys aussuchen, abfüllen und bei Gefallen mehr davon erwerben. Dann haben die großen Firmen aber angefangen, Fässer zurückzuhalten. Gerade von Islay hat man wenig bekommen. Das war der Zeitpunkt, als wir uns um Edradour bemüht und schließlich gekauft haben, um den Nachschub an Single Malt sicherzustellen.

Auf Grund der Verknappung wurden auch viele junge (3-6 Jahre alt) Fässer gekauft. Das hatte wiederum den Vorteil, dass man Whisky schon sehr früh überprüfen konnte. Hat der Whisky nicht zum Standard von Signatory gepasst, konnte man diesen ggfs. in ein besseres Fass umfüllen (recask) oder ihn an Broker verkaufen. Wir legen sehr großen Wert auf gutes Holz.“ [frei übersetzt und zusammengefasst]

Auswahl und Tasting Panel

Des erklärt mir auch, wie die Fässer ausgewählt und wie daraus Produkte werden.

Des: „Es macht keinen Sinn nur Whisky mit 50 Jahren und in Cask Strength zu verkaufen. Unsere Philosophie war es immer wieder zu re-investieren. So wurden mit dem eingenommen Geld immer wieder neue Fässer gekauft. In den nächsten sechs Monaten wird z.B. Ware für ca. 5 Millionen Pfund gekauft. Einer der Slogans lautet: „Keep everybody happy“. Wir haben deshalb eine Core Range aber eben auch unsere Rare Reserve mit vielen Fässern aus den 70igern und 80igern. Auf der Produktliste von Signatory stehen immer etwa 10-15 Produkte in den verschiedenen Serien. Aktuell sind es 12. Diese werden bedient und wenn es keinen Nachschub für dieses Produkt mehr gibt, dann wird es mit einem neuen Produkt ausgetauscht. Ein Produkt ist dabei eine Destillerie-Abfüllung. Ist das eine Single Cask aus, wird das zweite abgefüllt. Danach folgt ein anderer Jahrgang, derselbe Jahrgang ein Jahr später oder eine ähnliche Abfüllung in einem anderen Fasstyp. Es kommt immer ein wenig darauf an, ob das jeweilige Fass schon auf den Markt soll und was auf dem Markt gerade gut ankommt. Z.B. haben wir noch 10 Fässer Imperial. Diese werden jetzt erst ein Mal zurückgehalten und sollen noch ein wenig länger reifen. Nach regelmäßiger Kontrolle [alle 3-5 Jahre] wird irgendwann in der Zukunft der richtige Moment kommen, um diese Fässer abzufüllen. Vermutlich als Rare Cask.“ [frei übersetzt und zusammengefasst]

Für die Auswahl und alle Entscheidungen zu den Produkten sind Andrew und Des verantwortlich.

Besonderheiten

Hier ist nun der Platz, an dem sich der UA selber ins beste Licht rücken darf.

Da Des darauf verzichtet hat, habe ich beim deutschen Importeur nachgefragt, was aus seiner Sicht Edradour so besonders macht. Geantwortet hat mir Pascal Penderak.

Pascal: „Hohe Qualität. Breites Sortiment, alle Infos zu jeder Abfüllung, Single Cask, Small Batch.

Empfehlung von Signatory

Mit den Empfehlungen ist das so eine Sache. Die Auswahl ist zu groß und die Abfüllungen meist nur für kurze Zeit erhältlich. Des hat mich hinter die Bar geführt und mir einige großartige Tropfen gezeigt. Mitgegeben hat er mir eine Probe des Bunnahabhain, 1973/2016, 42yo, Cask#12145 mit 47.9% aus der Cask Strength Collection. Ein wunderbarer Dram.

Das meint die Maltkanzlei

Damit Ihr nicht nur meine Meinung zu den UAs bekommt, habe ich Dirk von der Maltkanzlei um seine Unterstützung gebeten. Dirk hat viele Abfüllungen von unabhängigen Abfüllern probieren können. Dirk war auch gerade erst bei Andrew Symington im Lager.

Dirk, was hältst Du von den Abfüllungen von Signatory und welche aktuellen Informationen kannst Du noch beisteuern?

Dirk: „SIGNATORY… ich weiß gar nicht recht, wo ich anfangen soll. So viele schöne Erinnerungen, so viele tolle Abfüllungen. Andrew Symington gründet Signatory 1988, im zarten Alter von gerade einmal 25 Jahren. Damals entstand jener unabhängige Abfüller, dessen Whiskys mich im Laufe meiner Jahre im Hobby gewiss am meisten beeinflusst haben. Obwohl der ursprüngliche, wie ich finde geniale und vor allem namensgebende Plan, jede Abüllung von einem Prominenten signieren zu lassen, nicht einmal umgesetzt werden konnte. Signatory veräußerte zu meinen Anfangszeiten, in den frühen 1990er Jahren, Single Cask Whiskys in Fasstärke zu ausgesprochenen günstigen Preisen auf dem deutschen Markt. Ich war begeistert. Wir haben die Dumpy Flaschen mit den schon damals herrlich altmodisch anmutenden Etiketten und den nach Regionen farblich unterschiedlich gestalteten ‚Samboxen‘ seinerzeit wie besessen gesammelt. Originalabfüllungen waren für uns eine lange Zeit ziemlich aus dem Fokus. Das war eher was für Leute, die zuviel Geld und wenig Ahnung hatten. Wir wussten es natürlich besser. Als Student mit Anfang 20 hat man eben den totalen Durchblick. Natürlich eher totaler Quatsch, zumindest was die OAs anging. Aber die Signatory Abfüllungen, die waren, und sind, richtig gut. Die Krönung dann, im September 1996, anlässlich des 55-Geburtstags meines damaligen Mentors, 2 Flaschen Ardbeg 1967, 28yo, Cask #575 ‚Pale Oloroso‘. Ein Abend und eine Feier, die ich sicher nie vergessen werde, maßgeblich geprägt von einem Whisky wie Donnerhall, der zum andächtigen Nachdenken und Genießen einlädt. Für Jahre, neben dem Bowmore 1963, 30th Anniversary, mein absoluter Lieblingsmalt. Auch heute, immerhin 21 Jahre nach dem Erstkontakt, klar unter meinen All Time Favourites. Gibt es auch weniger gute Signatorys? Selbstverständlich. Erstens ist alles Geschmacksache und zweitens kann wohl niemand vollkommen ohne jegliche Schwäche in so großem Umfang abfüllen, da muss man einfach realistisch bleiben. „Probieren hilft!“, wie ich meinen Tastingteilnehmern immer gerne rate.

Ich hatte vor wenigen Wochen die Gelegenheit, das Signatory Team an ihrem Standort im viktorianischen Pitlochry zu besuchen, und damit zugleich auch die malerische Edradour Brennerei – „Scotland’s Little Gem“. Die Gastfreundschaft war einfach sagenhaft. Unbeschreiblich. Wir waren zwei Tage vor Ort, von denen wir einen kompletten Tag im alten Warehouse verbrachten, wo derzeit etwa 6.000 Fässer lagern. Schwerpunktmäßig sicher Edradourprodukte aber eben unter anderem auch einige alte Sherriff Bowmore Fässer aus dem Jahre 1971 und ähnliche Schmankerl. Sensationelle Malts wurden zur ausgiebigen Verkostung gereicht. Bowmore 1974, Springbank 1969, ein 50-jähriger Glen Mhor aus 1956, um wirklich nur ein paar der dargebotenen Raritäten zu benennen. Wahnsinn!

Eine klare Empfehlung an dieser Stelle. Nicht nur für den Abfüller, sondern insbesondere auch für einen Besuch des Teams und der Brennerei vor Ort in Pitlochry.

Slàinte aus der Maltkanzlei.

Vielen Dank Dirk für Deine Meinung!

Mein Fazit

Ich habe schon unterschiedliche Abfüllungen von Signatory probieren dürfen. Ich habe bisher nur Flaschen gekauft oder probiert, die qualitativ hochwertig waren. Allerdings ist es mir bei Signatory schon öfters passiert, dass eine Flasche nicht konform meiner Erwartungshaltung für die Destillerie bzw. zur letzten Abfüllung war. Signatory füllt bewusst auch ungewöhnliche Fässer ab (siehe auch Tasting: Ardmore Very Cloudy von Signatory), da diese die volle Bandbreite von Einzelfassabfüllungen aufzeigen. Wenn man also einen neuen „Lieblingswhisky“ gefunden hat, muss man damit rechnen, dass die nächste Abfüllung anders ist. Das macht einen guten UA aber auch aus. Besonders gut gefallen mir die höherpreisigen Cask Strength Abfüllungen.

Von mir bekommt Signatory eine klare Empfehlung! Hier findet Ihr alle Artikel zu Signatory.

Und noch ein kleiner Tipp für alle die, die Edradour besuchen. Werft mal einen Blick hinter die Bar und probiert Euch durch.

Den Hintergrundartikel und die Links zu den anderen Artikeln findet Ihr hier: Whisky-Wissen: Unabhängige Abfüller – was steckt dahinter und welche gibt es?.