Blind Tasting: Klaus zeigt mir meine Grenzen auf
Wie Du sicher weißt, veranstalte ich regelmäßig eine Blind Tasting Challenge. Nun hat mich Klaus Doblmann, einer der regelmäßigen Teilnehmer, herausgefordert. Er hat mir vier Samples geschickt und nicht viel verraten. Schottland und es kann alles sein. Challenge accepted!
Im Überblick – das war in den Samples
Davon wusste ich natürlich nichts…. sonst wäre es ja kein „Blind Tasting“ gewesen.
- Macleod’s Isle of Skye, Blended Scotch Whisky, 8yo, 40%, aus den 80iger Jahren
- Cooper’s Choice, Family Silver, Blended Scotch Whisky, CS, ncf, nca, 44yo, 480 Flaschen, 41%, WBID101248, ca. 250.- EUR
- Hazelburn, SC, CS, ncf, nca, 12yo, Duty Paid Sample, 55.3%, WBID113351, ca. 80.- EUR
- WFFA, 2000/2017, SC, CS, ncf, nca, 17yo, 266 Flaschen, 58.1%, WBID107344
SC = Single Cask (Einzelfass), CS = Cask Strength (Fassstärke), ncf = no chill-filtration (keine Kältefiltration), nca = no color added (ohne Zusatz von Zuckerkulör), yo = years old (Altersangabe), WBID = Whiskybase ID.
Ein paar weitere Informationen:
- Der Malt-Anteil stammt von Talisker
- Lochside Malt mit Garnheath Grain und Invergordon Grain, Cask# VM1972BSW, 2017 abgefüllt
- „Cage“ Abfüllung von Springbank, Rotation # 583 aus Warehouse 15, Destilliert: 12.8.2005, Fresh Rum Barrel
- Das ist eine Abfüllung einiger Whiskyfreunde unter denen auch Klaus war; es handelt sich um einen Single Malt von der Insel Orkney, Cask #27, die Namen stehen alle auf dem Label auf dem ein Punkt auf der Landkarte die Destillerie „eingrenzt“
Meine Tasting Notes und Lösungsversuche
Tasting Notes #1
- Nase: Oh, das scheint eine ältere Abfüllung zu sein. Ein wenig abgeriebenes Streichholz erinnert mich an Craigellachie. Etwas muffig und etwas Maggikraut. Ein wenig umami. Honig und Ingwer blitzen durch. In der zweiten Runde kommen Früchte dazu. Das old bottle flavour ist verflogen.
- Geschmack: Sanft und etwas mehr Honig. Gar nichts von Craigellachie. Eine leichte Süße mit etwas Vanille.
- Abgang: Leichte Schärfe und leichte Honigsüße mit sehr dezenter Eichenwürze.
- Wertung: o
43%. Das könnte eine alte Abfüllung aus den 80igern sein. Hat ein wenig von dem „old bottle flavour“. Von der Weichheit her würde ich auf Speyside tippen. Aber ich vermute mal einen alten Blended Whisky dahinter.
Klaus: sehr gut geraten, Kategorie korrekt!
Nach der Auflösung: Talisker habe ich keinen gefunden. Alten Blend habe ich mir wegen der „Sanftheit“ und dem „old bottle flavour“ zusammengereimt.
Tasting Notes #2
- Nase: leichte Klebernote. Die verfliegt aber schnell. Vanille gepaart mit leichter Ananassüße. Da schwingt noch eine exotische Frucht mit, die ich nicht benennen kann aber sehr gut ins Gesamtbild passt. Bei der zweiten Runde gefällt er mir noch besser. Ein wenig Kokosraspel mit Schokolade.
- Geschmack: hmm. Schön ausgewogen sanft mit einer kräftigen Vanillenote und auch die Ananas und die exotische Frucht ist da.
- Abgang: Die exotische Frucht dominiert den feinen, langen und süßen Abgang.
- Wertung: ++
Hat eine leichte Klebernote wie bei Rye oder irischem Whiskey. Aber dann kommt mir der Charakter sehr bekannt vor. Ich würde mal auf Dailuaine tippen aus einem guten ex-Bourbon Cask. 46%. 20+ Jahre.
Nach einem weiteren Tipp von Klaus: „Von #2 gibt es wohl nur mehr in Auktionen was. Leider. Eins meiner Highlights…. Das Jahr darf ich verraten – 1972. In #2 war auch eine Brennerei dabei, die heutzutage die meisten nicht einmal vom Namen her kennen“ habe ich einen zweiten Tipp abgegeben: Excalibur. Denn daran hat er mich tatsächlich ein wenig erinnert.
Klaus: Sehr sehr spannend! Abfüller stimmt, und eine der Komponenten darin auch, Lochside. (nach Versuch 2)
Nach der Auflösung: der hat mir sehr gut gefallen! Ob es der Lochside war oder tatsächlich die Kombination mit den alten Grains kann ich nicht sagen. Im Excalibur war tatsächlich auch ein Lochside-Anteil enthalten. Mit der Alkoholstärke lag ich schon wieder zu hoch. Sollte jemand einen alten Lochside oder Garnheath besitzen und mir eine Probe abgeben, würde ich das gerne herausfinden! Und sollte jemand noch eine ganze Flasche übrig habe, gerne ebenfalls melden!
Tasting Notes #3 blass
- Nase: oh. Sehr ungewöhnlich. Das treibt mir erst mal ein Fragezeichen ins Gesicht. Was ist das? Ein wenig Autowerkstatt. Käse. Gartenkräuter und Geranien. Auch bei der zweiten Runde bleibt der ungewöhnlich.
- Geschmack: etwas Weingummi, Menthol, Mandarinen und dann etwas Litschi.
- Abgang: kurz mit etwas Schärfe. Dann etwas trockene Zunge. Bei der zweiten Runde: Deutlich trocken.
- Wertung: –
Wenn Iren darunter wären, hätte ich auf den Kilbeggan im Streinkrug getippt. Es könnte auch ein alter Laddie sein, da waren wohl auch ein paar Exoten dabei. Ich würde auf einen alten Laddie mit >55% und >20 Jahren aus einem ex-Bourbon 3rd fill tippen. (Das könnte aber auch ein Grain sein)
Klaus: finde ich spannend. komplett daneben. Nur geographisch ist die Distanz nicht weit.
Nach der Auflösung: was soll ich sagen, ich hatte kurz an Hazelburn gedacht, denn mit der Variante von Springbank werde ich auch nicht besonders warm. Aber so weit war bisher noch kein Hazelburn an meinem Geschmacksprofil vorbei. Vielleicht habe ich den Aromen aus dem Rumfass zu wenig Zeit gegeben, sich zu entfalten. Bei Port und Rum brauche ich besonders lange, damit die bei mir positiv zur Geltung kommen. Mit 55% lag ich aber mal sehr gut!
Tasting Notes #4
- Nase: Fruchtig und frisch. Ein wenig wie ein Obstbrand. Weinnoten. Tabaknoten. In der zweiten Runde malzig und schokoladig.
- Geschmack: der hat Kraft. Leichte Pfefferschärfe breitet sich auf der Zungenspitze aus. Birne. Angenehme Süße mit einer leichten mentholischen Note. In der zweiten Runde habe ich ein wenig Torf. Nicht mehr so scharf und auch weniger Obst.
- Abgang: die Mentholschärfe hält lange an.
- Wertung: o
Der hat vermutlich über 55%. Single Malt, vermutlich jung.
Klaus: Ja, ein wenig Torf. Wir befinden uns ganz weit oben im Norden. Die Brennerei kennt man eher nicht für reine Ex-Bourbon-Reifungen. Es ist ein privat abgefülltes Fass einer Liebhabergruppe
Nach der Auflösung: Auf Orkney bin ich nicht gekommen und mir kam er auch jünger als 17 Jahre vor. Aber das lag vermutlich daran, dass die Abfüllung aus einem Ex-Bourbon Cask stammt und die Destillerie sonst viel mit Sherry-Fässern arbeitet. Vielleicht waren es auch die 58%, die mich irritiert haben.
Mein Bewertungsschema
Bewertet wurde(n) die Probe(n) nach folgendem einfachen Schema und rein auf Basis des persönlichen Geschmackes:
+ | gefällt mir, würde ich mir kaufen |
o | ok/gefällt mir, muss ich aber nicht haben |
– | trifft nicht meinen Geschmack |
Was Du bei einer Verkostung beachten solltest und wie ich dabei vorgehe findest Du übrigens hier: Whisky-Wissen für Einsteiger. Und: wenn ich einen Whisky zur Verkostung zur Verfügung gestellt bekomme, ändert dies nichts an meiner Bewertung. Ich versuche immer fair zu bewerten, sage aber auch, wenn der Whisky nicht meinen persönlichen Geschmack trifft.
Fazit
Das war eine sehr spannende aber auch sehr ernüchternde Challenge. Nicht, dass ich damit gerechnet hätte mehr zu erraten geschweige denn zu erkennen, aber gut war ich nicht. Meine Erkenntnis aus dieser Runde: auch wenn man geschmacklich bei Whisky häufig eine sehr ähnliche Meinung hat, kann man doch meilenweit auseinanderliegen. Der Hazelburn hat mich in der Blind-Verkostung überhaupt nicht abgeholt, ist aber Klaus momentaner Lieblingswhisky.
Dass gut gemachte (alte) Blended Whiskys sehr faszinierend sein können, ist eine weitere Erkenntnis, die sich wieder einmal bestätigt hat.
Aber mein größtes Lerngeschenk ist, dass man sich bei der Whiskyverkostung meist auf seine Erfahrungen verlassen kann und mit einem entsprechenden Mindset herangeht. Bei dem Hazelburn wäre ich vermutlich mit mehr Zeit als bei den anderen herangegangen, weil ich bereits weiß, dass ich für Rum-Fässer länger benötige und bei der #4 hätte ich nach Ähnlichkeiten zu Highland Park gesucht. Aber das Gute ist, dass ich noch Reste habe und das jetzt nachholen kann.
Danke an Klaus für die Challenge und die Samples!