The Hearach – Deutschland Launch in Hamburg 2023

The Hearach, der Whisky der Harris Distillery, wurde gestern offiziell in Hamburg vorgestellt. Der erste Whisky der Harris Distillery ist schon seit ein paar Tagen in einigen Whiskyshops erhältlich. Gestern konnten sich geladene Gäste einen ersten Eindruck zusammen mit Simon Erlanger und Eilidh Macdonald verschaffen. Ich war dabei und bin sehr positiv überrascht worden.

Im Überblick – The Hearach

• The Hearach, Batch 006 (für Deutschland), 12.026 Flaschen, 46%, ncf, nca, ca. 79.- EUR

ncf = no chill-filtration (keine Kältefiltration), nca = no color added (ohne Zusatz von Zuckerkulör)

Ich habe bereits einige der einschlägigen Händler gesehen, die deutlich über 100.- EUR verlangen. Würde ich bei Preisen um die 79.- EUR nicht bezahlen. Die nächsten Batches werden ähnlich sein. Also einfach abwarten und bei einem fairen Händler zu fairem Preis einkaufen!

Neben den bereits o.g. Details, gibt es noch weitere Informationen:

• Rezeptur: ex-Bourbon (85%), ex-Oloroso Butts (11%), ex-Fino Butts (4%)
• Die einzelnen Fässer sind jeweils Vollreifungen
• Das Batch wird zur „Vermählung“ für 12-26 Wochen in Fässer gefüllt (marriage casks sind „neutrale“ Sherry-Fässer)
• 8 Batches werden insgesamt pro Jahr hergestellt
• Das Malz hat 12-16 ppm (also leicht getorft)
• Der jüngste Whisky ist 5 Jahre, der älteste knapp 8 Jahre alt

Die Harris Distillery

Die (Isle of) Harris Distillery liegt – na? Richtig, auf der (Halb-)Insel Harris in Tarbert! Ziemlich weit im Westen. Sie ist der südliche Teil der Insel Lewis and Harris. Relativ aufwendig zu erreichen. Und wie Du Dir sicher vorstellen kannst, ist es nicht ganz einfach, auf Harris Arbeit zu finden und junge Leute zum Bleiben zu bewegen. In den letzten 50 Jahren hat sich die Bevölkerung auf 2.000 Bewohner (letzter Census) fast halbiert.

Am 24.09.15 wurde die Isle of Harris Distillery offiziell eröffnet. Die Destillerie führt das Motto “The Social Distillery”, denn mit der Destillerie sollten neue Arbeitsplätze auf der Insel geschaffen und lokale Mitarbeiter gesucht und ausgebildet werden. Bis zu 20 Mitarbeiter waren damals geplant (siehe Isle of Harris Distillery wird am 24.09.15 offiziell eröffnet). Heute sind es fast 50 Mitarbeiter mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren! Respekt!

Vor fast genau zwei Jahren habe ich bereits Online eine kleine Besichtigung mitmachen dürfen. Dabei wurde der Hearach schon angekündigt. Wenn Du weitere Details und Eindrücke zur Destillerie haben möchtest, dann hier entlang: Virtueller Besuch bei der Harris Distillery.

Die wichtigsten Produktionsdetails in Kürze: 1,2 Tonnen Mashtun, 7 hölzerne Washbacks mit einer Fermentationsdauer von bis zu 120 Stunden (3-5 Tage) und zwei Potstills von Frilli (Italien). Das Malz hat 12-16ppm ist also leicht getorft. Geliefert wird dieses von Beards. Der Torf kommt größtenteils aus den Highlands. In der Zwischenzeit gibt es 3 Lagerhäuser (das dritte ist gerade fertig geworden) und es gibt noch Platz für zwei weitere. Abgefüllt wird in der eigenen Abfüllanlage auf Harris. Aktuell werden ca. 200.000 LPA in zwei Schichten von Montag bis Freitag produziert. Samstag wird sauber gemacht. Sonntag wird auf Harris nicht gearbeitet. Die maximale Kapazität beträgt 400.000 LPA.

Simon ergänzt einige Fakten, die erwähnenswert sind:

• Es gibt keine Automation – alles wird von „Harris hands“ gemacht
• Keiner aus dem Produktionsteam hat vorher in der Whiskyindustrie gearbeitet. Alle kommen von Harris und wurden von Spezialisten ausgebildet und begleitet
• Auf Harris gibt es das weichste Wasser von ganz Schottland – dieses wird nicht nur für die Produktion, sondern auch zur Reduktion auf Trinkstärke genutzt (läuft über Gneis)
• Jeglicher New Make wird auf der Insel gelagert (obwohl das einige Herausforderungen hat) und verlässt nur als Whisky in der Flasche die Insel

The Hearach Launch Event

Wo anders als im Hamburger Hafen kann so ein Event in Deutschland stattfinden? Die Harris Distillery liegt ebenfalls direkt am Hafen und so fühlen sich Simon Erlanger (CEO der Harris Distillery) und Eilidh Macdonald (International Brand Development Executive) fast wie zu Hause. Alba Import hat in den Hafen Klub Hamburg direkt in eine der Kuppeln der Landungsbrücken eingeladen. Simon, Eilidh sowie die Alba Import Geschäftsführer Corinna Schwarz und Dietmar Schulz führen gekonnt durch den Abend. Wir werden alle persönlich begrüsst, tauschen uns aus und erfahren viel von der Schönheit Harris. Mit Bildern und Videos.

Eine kleine Anekdote von Simon muss ich Dir kurz erzählen: „Eines Tages hat das Thailändische Tourismusbüro mit einem Strandfoto Werbung gemacht, das nicht in Thailand sondern auf Harris entstanden ist. Berge, Türkisblaues Meer und herrliche Strände. Es ist fast wie auf Thailand. Nur etwas kälter.“ – Ja, Harris kommt definitiv in meine Urlaubsplanung!

Beim Empfang gibt es den Harris Gin und nach ersten Informationen wird uns der Hearach präsentiert. Ich bin überrascht von der Komplexität dieses doch jungen Whiskys. Die vier gesellen sich zu den Gästen und beantworten Fragen während wir aus einem „Flying Buffet“ aus vielen kleinen Köstlichkeiten (inkl. Currywurst aber auch Lachs) auswählen können. Neben Journalisten und Bloggern sind auch Händler unter den Gästen. Aber auch ein deutsches Investoren Paar ist darunter. Simon meinte zur Begrüßung, dass ohne solche Investoren die Gründung nicht möglich gewesen wäre.

Für die musikalische Untermalung sorgt Fatima Fiach aus Kassel mit ihrer Harfe und Gesang (neben englisch und gälisch auch in scots) mit irischen und schottischen Liedern. Wenn Du mehr über Fatima erfahren möchtest: Fatima auf Facebook.

Wir bekommen Whisky nachgeschenkt und setzen unsere Unterhaltungen fort. Ein schöner Abend geht zu Ende.

Details zum The Hearach

In Deutschland erscheint das Batch 006. Eines von insgesamt acht Batches mit je ca. 12-13.000 Flaschen. Die Rezeptur sind 85% ex-Bourbon Fässer (64% von Buffalo Trace, 21% von Heaven Hill und zukünftig auch ein Anteil Woodford Reserve). Ferner 11% ex-Oloroso Butts und 4% ex-Fino Butts. Der Anteil von Woodford Reserve wird zukünftig steigen, um mehr „nussige“ Aromen zu bekommen. Ohne die Unterstützung der Investoren wäre der Whisky nicht erst nach acht Jahren herausgekommen. Aber jetzt ist er so, wie er sein soll. Ältere Abfüllungen schließt Simon nicht aus, aber die Batches für nächstes Jahr sind bereits ausgewählt und in Vorbereitung – nach ähnlichem Rezept. Die Batches kann man Online nachschauen – hier das Batch 006 23 (sehr detailliert und informativ!).

Die Flasche wurde zusammen mit der Gin-Flasche bereits vor einigen Jahren entworfen. Simon hat sich dafür mit „den besten Flaschendesignern der Welt“ zusammengetan: Stranger & Stranger. Die Flasche soll an die Sandstrände von Harris erinnern. Am Boden der Flasche sind drei lateinische Wörter eingelassen: „Esse quam videri“ – To be, rather than to seem („be real“) oder „sein statt scheinen“ als eine mögliche deutsch Übersetzung. Dieses Motto hatten einige Familien und sogar Staaten (North Carolina). Beim Hearach hat dies der Gründer Anderson ‚Burr‘ Bakewell eingebracht. Mir gefällt die Flasche und die Verpackung. Die Verpackung muss allerdings noch etwas überarbeitet werden, denn beim Versand wird sie zu leicht ramponiert.

Die anderen Batches sollen global verteilt werden, aber kommen vor allem in Länder, die vorher auch gute Abnehmer des Harris Gins waren: USA, Kanada, Belgien, Frankreich, Spanien, Niederlande, Dänemark, Japan, Norwegen, Schweden, Polen, Malaysia, Singapur, Schweiz, Italien, Israel, Ungarn, Malta, Australien und Neuseeland. Die jeweiligen Partner in den Ländern findest Du hier: International Partners.

Tasting Notes

Offizielle Tasting Notes

Master Blenderin Shona MacLeod beschreibt die HEARACH First Release als komplex und vielschichtig: „Da sind so viele Geschmacksnuancen, dass jeder etwas anderes herausschmecken kann. Ich habe sanften Torfrauch beim ersten Schluck, der mich an unsere Feuerstelle zuhause erinnert als ich aufgewachsen bin. Dazu tritt eine geröstete Malznote. Ich kann auch selbstgemachtes Apfelkompott schmecken und habe den Geruch unserer Dünen und Strandblumen in der Nase. Verschiedenartige Gewürze treten hervor sowie eine schöne Süße von kandiertem Ingwer, Vanille und Honig. Schließlich bleibt eine cremige Note von Schlagsahne und der Geschmack von frischem Leder am Gaumen zurück“.

Meine Tasting Notes

Alba Import hat uns noch eine Probe mit auf den Weg gegeben, damit wir diese nochmal in Ruhe verkosten können. Darum hier nochmal meine Verkostungsnotizen.

• Nase: Am Anfang etwas verschlossen. Ich nehme keinen Torf wahr. Leichte Fruchtigkeit. Leicht säuerlich. Dann kommen florale Noten, gefolgt von einer feinen Malzigkeit. Dann kommen langsam Umami und Ingwer Aromen vom Torf. Ich vermute den Fino hinter diesen feinen säuerlichen Noten.
• Geschmack: Sehr angenehm und rund. Keine scharfen Kanten aber trotzdem kräftig im Antritt. Leichte Süße und schöne Fruchtigkeit begleitet von dezenter Torfnote. Ein wenig Apfelstrudel mit Vanillesoße.
• Abgang: Sahnebonbons (die mit dem „W“) und feine Würzigkeit.
• Wertung: +

Ein schöner komplexer und doch angenehm milder Whisky. Den kann man gut stehen lassen und immer wieder daran riechen. Der verändert sich über die Zeit und das ist genau das, was mich am Single Malt Whisky so fasziniert. Das wird sicher an einigen Produktionsfaktoren und der Auswahl der Fässer liegen, aber meiner Meinung nach ist diese „Harmonie“ nur zu schaffen, wenn man das Batch „vermählt“ wie es David C. Stewart MBE vor langer Zeit bei Balvenie (und dann Glenfiddich) eingeführt hat.

Mein Bewertungsschema

Bewertet wurde(n) die Probe(n) nach folgendem einfachen Schema und rein auf Basis des persönlichen Geschmackes:

+	gefällt mir, würde ich mir kaufen
o	ok/gefällt mir, muss ich aber nicht haben
–	trifft nicht meinen Geschmack

Was Du bei einer Verkostung beachten solltest und wie ich dabei vorgehe findest Du übrigens hier: Whisky-Wissen für Einsteiger. Und: wenn ich einen Whisky zur Verkostung zur Verfügung gestellt bekomme, ändert dies nichts an meiner Bewertung. Ich versuche immer fair zu bewerten, sage aber auch, wenn der Whisky nicht meinen persönlichen Geschmack trifft.

Fazit

Ich habe viele interessante Gespräche geführt und viel über Harris und den Hearach gelernt. Die soziale Komponente und das „all Harris hands“ gefällt mir dabei besonders gut. Aber vor allem konnte ich den Hearach nun endlich probieren. Bereits der New Make war vor zwei Jahren vielversprechend und der fertige Hearach hat mir gut gefallen. Zum Preis werden sich die Geister scheiden. Für ein Erstlingswerk der auch (fast) achtjährigen Whisky enthält finde ich den Preis angemessen. Da haben andere Destillerien mit weniger komplexem Whisky höhere Preise aufgerufen.

Harris ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Und natürlich auch die Harris Distillery! Ich freue mich schon darauf und werde jetzt wohl noch ein paar Tage brauchen, um diese Bilder aus dem Kopf zu bekommen….

Danke an Alba Import für die Einladung und den gelungenen Abend!

Weitere Informationen

• Mein Online-Rundgang: Virtueller Besuch bei der Harris Distillery
• Die Harris Distillery auf meiner Whisky-Schottlandkarte
• Die Webseite der Isle of Harris Distillery
• Die Webseite von Alba Import