Destillerietour

Reisebericht: Blick hinter die Kulissen bei Glen Ord

Glen Ord ist eine der Destillerien der 12 Classic Malts von Diageo. Als Single Malt findet man Glen Ord nur im Kleingedruckten unter der Marke „Singleton“. Es gibt gleich drei verschiedene Destillerien, die hinter dieser Marke stecken: Singleton of Dufftown für Europa, Singleton of Glendullan für USA/Kanada und Singleton of Glen Ord für Asien. Ich durfte auch einige der Winkel der Destillerie sehen, die bei einer normalen Tour nicht angesteuert werden.

Bei trübem und regnerischem Wetter verlasse ich die Speyside und steuere in Richtung der North Coast 500. Erste Station ist Muir of Ord in Ross-shire. Bereits auf der Hauptstrasse ist die Destillerie gut ausgeschildert und so bin ich zehn Minuten vor Öffnung des Visitor Centers angekommen und kann mich ein wenig umschauen.

Touren

Bei Glen Ord gibt es Stand 05/2016 diese Touren:

  • Standard Tour
    Geführte Distillery Tour mit einem 12yo Glen Ord, 6.- GBP
  • Flavours of Scotland Tour
    Geführte Distillery Tour mit 3 verschiedenen Whiskys (Light, Rich, Smoky), 12.- GBP
  • Singleton of Glen Ord Tasting Tour
    Geführte Distillery und Lagerhaus Tour mit Glen Ord 12yo, 15yo und 18yo, 15.- GBP
  • Grain to Glass Experience
    Geführte Distillery und Lagerhaus Tour, Glen Ord Maltings Tour mit Tasting der Whiskys, für die das Malz produziert wird: Glen Ord 12yo, Teaninich 12yo, Clynelish 14yo und Talisker 57° North, 60.- GBP (die steht aktuell nicht auf der Webseite; einfach nachfragen)
  • Exhibition Tour
    Selbst-geführte Tour durch die Ausstellung, 2.- GBP

Die aktuellen Touren und Öffnungszeiten findet Ihr auf der Webseite von Glen Ord.

Meine Tour

Ich habe mich angemeldet und um eine Fotoerlaubnis gebeten. Das ist vor allem bei den Destillerien der großen Konzerne meist notwendig, denn sonst ist Fotografieren häufig verboten. Heute scheint mein Glückstag zu sein, denn der Operations Manager Alastair Orr nimmt sich persönlich Zeit, mich durch seine Destillerie zu führen. Unbezahlbar.

Alastair kam im Mai 2013 nach Glen Ord als „Project Implementation Manager“ und hat den massiven Ausbau der Destillerie begleitet. Zu den „alten“ 6 Potstills sind 8 neue hinzugekommen. Dafür war auch eine zweite Mashtun mit nochmals 12.5 Tonnen notwendig sowie zehn weitere Washbacks. Aber das erfahre ich alles erst auf dem Weg durch die Produktionsanlagen. Also der Reihe nach.

Glen Ord - Stillhouse von außen

Altes Stillhouse

Die Mühle lassen wir aus und beginnen im (alten) Stillhouse. Hier stehen drei Wash und drei Spirit Stills vor einer großen Fensterfront. Ich habe schon viele Destillerien gesehen, aber ohne die Erklärungen von Alastair hätte ich viele der Details gar nicht wahrgenommen. Im Stillhouse wurden viele Anpassungen durchgeführt, um Energie zu sparen. Die alten Kondensatoren sind z.B. noch an Ort und Stelle und werden den Besuchern ebenso erklärt wie die neuen, welche mit Wärmetauschern ausgestattet sind. Hier ist das Fotografieren Tabu. Schade.
Glen Ord - Mashtun

Altes Mashhouse

Wir gehen quer über den Hof vorbei an den alten Malting Gebäuden. Hier stehen nur noch die Außenmauern – der Rest wurde komplett neu gemacht und auch die Mauer musste teilweise „geflickt“ werden. Das Ergebnis lässt sich aber sehen, denn es sieht deutlich besser aus als eine neue Fabrikhalle. Vorbei an den alten Kilntürmen betreten wir das (alte) Mashhouse. Vor mir steht eine der beiden neuen 12.5 Tonnen Mashtuns. Edelstahl und komplett verschlossen aber mit Bullauge. Sechs Stunden dauert so ein Mash-Durchgang. Von ehemals 17 wurde auf 21 Mashes pro Woche erhöht. Jede Mash dauert ca. sechs Stunden und erzeugt ca. 56.500 Liter Wort.
Glen Ord - Washbacks - ALT

Weiter geht es zu den acht alten, hölzernen Washbacks mit dem Fassungsvermögen einer Mash. Die Fermentationszeit beträgt 75 Stunden. Das ist relativ lange, denn ab 55 Stunden spricht man bereits von einer langen Fermentation. Diese ergibt einen leichteren, komplexeren und fruchtigeren New Make.

Glen Ord - Washbacks - NEU

Kiln / neues Mashhouse

Hinter uns nähert sich eine Tour und deshalb räumen wir das Feld und überqueren den Hof. Hinein in das Kilngebäude. Dort befindet sich allerdings kein Kiln mehr, sondern 14 weitere neue, hölzerne Washbacks mit der selben Größe wie die alten. Dieses Gebäude steht nicht auf der offiziellen Tour und ist deshalb auch nicht „blitzeblank“ wie die anderen Bereiche. Die Washbacks sind komplett verschlossen und mit modernster (Sicherheits-)Technik ausgestattet. Es besteht keine Notwendigkeit hier oft vorbeizuschauen. Es gab verschiedene Überlegungen wie dieses Gebäude genutzt werden soll. Das Dach ist auch von innen schön anzusehen und wäre sicher auch für eine touristische Nutzung sehr geeignet gewesen, aber irgendwo muss die Verdoppelung der Kapazität auch Platz finden.
Glen Ord - Neues Stillhouse

Neues Stillhouse

Auf der anderen Seite sieht das Stillhouse aus wie eine Feuerwehrwache mit ganz vielen nach oben öffnenden Schiebetoren. Es regnet wieder und deshalb gehen wir schnell in das Gebäude. Das ist sehr aufgeräumt und funktionell. Acht neue Stills (vier Wash und vier Spirit Stills) stehen in Reih und Glied. Ein schöner Anblick. Aus einem Washback werden drei Wash Stills mit je ca. 18.000 Litern versorgt. Die großen Stills werden „langsam gefahren“ und dass führt zu einem leichteren Charakter. Alastair öffnet eines der Tore, führt eine Messung durch und ich darf fotografieren! Hier wurde die neueste Technik verbaut und so ist Glen Ord nicht nur bei den Modernisierungsarbeiten sondern auch beim Neubau ein Vorreiter in Sachen Energieeffizienz bei der  Whiskyproduktion für den gesamten Diageokonzern. Unter anderem gibt es drei 300.000 Liter fassende Heißwassertanks, die mit Abwärme geheizt werden. Das heiße Wasser wird zu den Maltings gepumpt und spart auch dort Energie ein.

Produktionszahlen

Bei Glen Ord werden zwischenzeitlich 11 Millionen LPA (Liter purer Alkohol) hergestellt. Zwei Mashtuns mit je 12.5 Tonnen, 20 Washbacks (es gibt noch zwei stainless steel) und 14 Potstills sind dafür 24/7 an 365 Tagen im Jahr im Einsatz. Damit er diese Anlagen betreiben kann, hat Alastair ein Team von 14 Production Operators (Still Man, Mash Man im Wechsel). Mit ungefähr der selben Ausstattung wie Roseisle hat Alastair mit einer modernisierten Destillerie fast die gleiche Produktionskapazität erreicht.
Glen Ord - Visitor Center Empfang

Visitorcenter

Zurück im Hauptgebäude unterhalte ich mich noch ein wenig mit Alastair. Am Ende der Umbauarbeiten wurde Alastair im März 2015 zum Site Operations Manager bestellt. Er ist zu Recht sehr stolz auf die Erweiterungen und Optimierungen. Auch im Visitor Center merkt man die Bemühungen. Bereits vor meiner Tour habe ich mir die Ausstellung angesehen. Sie ist voller Liebe zum Detail, aber die Zielgruppe ist eher der Tourist, der nur selten eine Destillerie besucht und keine Zeit für eine Tour hat. Diese werden in vielen Sprachen (u.a. auch in deutsch) angeboten. Hinter dem Shop liegt der Tastingraum, mit Blick durch ein Fenster in eines der Lagerhäuser. Sehr stimmungsvoll. Und auch die Präsentation der anderen Mitglieder der „Classic Malts Selection“ ist hier sehr gelungen. Ein sehr schönes Visitorcenter. Und zum Schluß ist auch noch die Sonne rausgekommen und lässt den Ort noch Mal deutlich schöner erscheinen.
Glen Ord - Alastair Orr - Site Operations Manager

Fazit

Das war ein überraschend schönes Erlebnis. Ich bin von einem Touristenmagneten ausgegangen. Viele Besucher kamen aus Asien, denn fast nur dort bekommt man Glen Ord auch zu kaufen. Das soll sich bald ändern und dann wird Glen Ord auch in Europa bekannter. Alastair hat mir drei Proben (12yo, 15yo, 18yo) mitgegeben. Ich bin gespannt. Den Besuch kann ich jedem nur empfehlen, allerdings ist das fotografieren normalerweise nicht gestattet (vorher klären!).

Wenn Ihr den Rest meiner Besuchsberichte zu dieser Reise lesen wollt: Reisebericht: SoSWF 2016 & Northcoast 500.

Vielen Dank an Alastair für die großartige Führung!

SoSWF - 2016 Glen Ord

Mein Besuch bei Glen Ord. Private Führung durch den Site Operations Manager Alastair Orr.
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