Destillerietour

Glen Garioch wiederbelebt alte Methoden und spart dabei Energie

Endlich habe ich es geschafft, die Glen Garioch Distillery zu besuchen. So oft bin ich schon an Glen Garioch vorbeigefahren bei meinem Weg vom Flughafen in Aberdeen in die Speyside. Aber nun endlich hat es geklappt. In der Zwischenzeit gab es einige große Veränderungen und ich war sehr positiv überrascht.

Hintergrundwissen

Nach eigenen Angaben wird Glen Garioch 1797 von John und Alexander Manson gegründet und ist damit die sechsälteste aktive Destillerie in Schottland. Nach einigen Besitzerwechseln wird sie 1968 außer Dienst gestellt. 1970 wird sie an Stanley P. Morrison Ltd. veräußert, die sie ab 1973 wieder produzieren lassen. 1978 wurden zwei Brennblasen hinzugefügt (insgesamt 2 Wash und 2 Spirit Stills). Bis 1983 war hier noch ein Steuerbeamter (taxman) vor Ort. 1994 übernimmt Suntory alle Brennereien von Morrison Bowmore Distillers Ltd. und damit auch Glen Garioch. Die zweite Wash Still wird vermutlich irgendwann in dieser Zeit abgebaut und es bleiben eine Wash und zwei Spirit Stills übrig.

1995 wird sie wieder eingemottet und, nachdem sich zwei Jahre lang kein Käufer findet, 1997 wieder eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt wird nur noch mit unpeated – also ungetorftem Malz – produziert. Der erste Teil des Upgrades passierte von Juli bis Dezember 2020 und betrifft das Stillhouse. Die heutigen zwei Stills (Wash Still mit direkter Befeuerung) werden installiert, die noch vorhandene zweite Spirit Still (wurde nicht genutzt) wird abgebaut. Von Ende 2021 bis Februar 2022 werden die Malt Barns ersetzt, der Kiln wieder belebt und die Malting Floors wieder aktiviert. Bei dem Upgrade werden viele Maßnahmen für Energieeffizienz eingeführt und die Steuerung durch Computer ermöglicht.

Seit dem Upgrade in 2021 hat sich hier einiges getan. Glen Garioch ist seitdem das „House of MBC“ von Suntory und hat neue (und alte) Technologien eingeführt, ausprobiert und optimiert. MBC steht für Monozukuri Brand Culture (“true craftsmanship” bzw. wahre Handwerkskunst) durch best practice. Die anderen Destillerien im Konzern dürfen sich das abschauen. Unter anderem wurde das Floor Malting wieder eingeführt und die Wash Still wird wieder direkt befeuert. Ein weiteres wichtiges Detail der Umstellung: es wird weniger Energie verbraucht!

Tour durch die Produktion

Bei meinem ersten Versuch bei Glen Garioch zu fotografieren, musste ich noch eine VIP Erlaubnis bekommen. Der Termin musste leider ausfallen und so habe ich dieses Jahr bei Pom Nijs eine VIP Tour angefragt und bekommen. Eine solche wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn zwischenzeitlich ist fotografieren auf den normalen Touren auch erlaubt. So hatte ich aber mehr Zeit für meine Fotos.

Mein Tourguide Heidi kommt aus den USA lebt aber schon einige Zeit in Schottland. Wir fangen unsere Tour bei den Maltings an. Auf den Malzböden hinterlassen die Mashman immer wieder Nachrichten – heute finden wir ein „SMILE“ und ein Smiley. Schön, dass es mit Glen Garioch jetzt wieder eine Distillery mehr mit aktivem Malzboden gibt. Auf dem Weg zum Kiln gehen wir unter einem alten Übergang hindurch und werfen erst mal einen Blick hinter das Gebäude. Hier sind Tanks für die Wärmerückgewinnung dazugekommen und auch für die Hefe wurde eine kleine „Unterkunft“ geschaffen.

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Dann geht es weiter zum Kiln. Auch hier wurde eine Anlage für die Verwendung der Wärme aus der Wärmerückgewinnung installiert. Weiter geht es zur typisch roten Porteus Mühle und zu den neuen Malt Bins. Die Mashtun befindet sich einen Stock höher. Der Operator sitzt an seinem Schaltpult hinter der Mashtun und ist gar nicht zu sehen, bis ihn Heidi anspricht. Die Washbacks sind alle neu, aus Edelstahl und auch hier wird Wärme zurückgewonnen. Unter dem Aufgang zur Mashtun gibt es einen kleinen Bereich, der teilweise für Tastings genutzt wird. Neben ein paar Bildern kann man hier auch den alten „Malt Weigher“ bewundern. Unterhalb der Mashtun entdecke ich dann den nächsten „Heat Exchanger“ (also einen Wärmetauscher für die Wärmerückgewinnung).

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Wir gehen ins Stillhouse stehen dann vor der Wash Still. Die hat einen sehr langen Lynearm, der sehr steil abfällt. Der Lynearm der Spirit Still fällt genauso steil ab und mündet ebenfalls in einem kurzen Kondensator. Die Wash Still hat wegen der direkten Befeuerung einen sog. „Rummager“. In Kurz: hier wird eine Kette über das innere der Potstill geschleift, damit nichts anbrennt. Viele Ventile werden Computer-gesteuert, aber es gibt auch einige, die noch per Hand bedient werden.

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Weiter geht es ins Dunnage Warehouse. Hier kann auch jeder seine „Distillery Exclusive“ Flasche abfüllen. Leider sind die Fässer hinter einer Glasscheibe, aber zumindest bekommt man welche zu Gesicht. Neben privaten Fässern liegt hier auch ein Mizunara Fass. In dem Vorraum gibt es auch ein paar Bilder und Ausstellungsstücke für Erklärungen auf den normalen Touren. Heidi und ich setzen uns noch ein wenig vor das Visitor Center und unterhalten uns mit dem Distillery Manager Kwanele Mdluli. Gerade ist ein Bus voll mit (japanischen) Touristen eingetroffen und das kleine Visitor Center füllt sich.

Technische Daten der Glen Garioch Distillery

Etwa 25% des Malzes werden wieder hier vor Ort produziert. Dafür gibt es 2,5 Etagen für ca. 11.5 Tonnen Malz (Trockengewicht). Bis 1993 gab es auch noch PEATED, aber seit 1997 wird nur noch UNPEATED produziert. Der Kiln ist seit 2021 (wie die malting floors) wieder in Produktion, aber jetzt mit Heat Exchanger. Nach 5-7 Tagen auf den Malting Floors wird das Malz hier in ca. 31 Stunden getrocknet – von 12% auf 5% Restfeuchte.

Seit 1990 ist die Porteus Mühle hier in Betrieb. Sie mahlt 4 Tonnen pro Batch. Die Mashtun verarbeitet diese mit drei Wassern (64.5°C, 14.500l, 1.5h / 77°C, Sprinkler, 6.000-6.200l / 85°C, 15.500l) wovon 20.000 Liter in eines der 9 Stainless Steel Washbacks gefüllt werden. Diese haben eine maximale Kapazität von 25.000 Litern. Die flüssige Hefe ist eine Mischung aus Brauer- und Mauri-Hefe. Die Fermentationszeit beträgt 72 Stunden. Herauskommen soll eine fruchtige Wash.

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2021 wurde auch die Wash Still ausgetauscht und mit einer direkt befeuerten Still mit „Rummager“ ersetzt. Beide Stills haben sehr steile Lynearms (wenig Reflux) und kurze Kondensatoren, die sehr heiß (hoher Kupferkontakt) betrieben werden. Die Wash Still wird mit 20.500l (max. Kapazität ist 22.500l) und die Spirit Still mit 13.200l (bei max. Kapazität von 13.500l) gefüllt.

Produziert werden seit der Umstellung 1.5m LPA. Insgesamt arbeiten 17 Personen in der Produktion: 5 Maltmen, 10 Mash-/Stillmen und 2 Manager. Gearbeitet wird 24/7 in drei Schichten bis auf drei Wochen „silent season“ im Dezember. Vor Ort gibt es 4 Dunnage Warehouses mit Platz für 11.000 Fässer. Der New Make wird hauptsächlich in Ex-Bourbon und Ex-Sherry Fässer gefüllt.

Fazit meiner Tour durch die Glen Garioch Distillery

Heidi hat einen guten Job gemacht und mir einen guten Überblick verschafft. Ich finde es toll, dass nun auch bei Glen Garioch wieder Malting Floors in Betrieb sind und der Kiln wieder raucht. Aber sehr positiv überrascht bin ich von den vielen Maßnahmen zur Energieeffizienz – selbst beim Kiln. Toll ist auch, dass man nun bei Glen Garioch frei fotografieren darf – ohne VIP Tour oder Sondergenehmigung. Wer sich für moderne Technik interessiert und trotzdem eine „alte“ und kleine Destillerie sehen möchte, ist hier genau richtig.

SRT23 - Glen Garioch

Mein Besuch bei Glen Garioch im Mai 2023
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Weitere Informationen

  • Eine Zusammenfassung meines Schottland Roadtrips 2023 (#SRT23) findest Du hier. Oder Du nutzt das Hashtag #SRT23 an dem Artikel.
  • Die Glen Garioch Distillery auf meiner Whisky-Schottlandkarte
  • Und wenn Du noch mehr Destillerien aus der Nähe sehen willst, wirst Du hier fündig: Hauptmenü -> Themen -> Destillerietouren (neueste zuerst) oder auf der Seitennavigation (alphabetisch).
  • Die Webseite der Glen Garioch Distillery hilft Dir bei den Touren weiter. Die „Founders Tour“ kostet 15.- GBP und beinhaltet 2 Drams.