Blind Tasting

Die Whiskygraphen stellen mich auf die Probe – 7x

Dieses Jahr sind es die Whiskygraphen, die sich für meine Blind Tasting Challenges revanchieren. Nicht mit einer Probe, nicht mit drei Proben, nein gleich mit 7 Proben zahlen sie mir meine Challenges heim. Nun, Blind Tasting Revanche accepted. Mal sehen, wie daneben ich liege.

Im Überblick – die Blind Tasting Revanche der Whiskygraphen

Ein bis zwei der Whiskygraphen nehmen regelmäßig an meiner Blind Tasting Challenge teil. Kurz vor Weihnachten hat mich nun ein Päckchen mit 7 Proben und der Aufschrift „1. WG BTC – Hä? Wat is’n dat?“ und einer laufenden Nummer 1-7 erreicht. Dabei eine Aufforderung, mich der Challenge zu stellen und drei Fragen zu beantworten.

  • Aufgabe 1: Was hast Du im Glas (Typ, Stärke, Produkt)?
  • Aufgabe 2: Welcher Whisky gefällt Dir am Besten?
  • Aufgabe 3: Wie gefallen Dir die einzelnen Samples?

Als Tipps habe ich dem Schreiben entnommen, dass es sich um verschiedene Destillerien handelt, die 7 regulär erhältlich sind oder waren und wir uns meistens in Schottland befinden. Na das kann ja lustig werden.

Meine Tasting Notes und der Versuch einer Auflösung

Tasting Notes #1

  • Nase: Hmm. Verbrannter Gummi aus einem Cognacfass? Mit der Zeit bleibt hauptsächlich eine Cognacnote übrig. 
  • Geschmack: Sehr sanft. Weniger Ausdruckstark als an der Nase. 
  • Abgang: Leichte Traubennoten. 
  • Wertung: o

Deutscher Whisky? Mit etwas Torf? Cognac? Die kräftige rötliche Farbe hat mich gedanklich erst mal auf Sherry gebracht. Unter 50% (kein Schaum), 40-46%. Ich lege mich mal auf Cognac fest mit 46%. Wenn es doch ein Whisky ist, dann war der zu lange im Cognacfass.

Tasting Notes #2

  • Nase: Frischer, junger Whisky. Etwas Kirsche. 
  • Geschmack: Leichte Malznote. Etwas Obst. Leichte Nussnoten. 
  • Abgang: Etwas Trester. 
  • Wertung: o

Erster Gedanke: junger, deutscher Whisky. Könnte auch ein Laddie sein. Wenig komplex, 46%. Evtl. war hier ein Weinfass im Einsatz? Der braucht etwas Zeit, um sich zu entwickeln. 

Tasting Notes #3

  • Nase: süßer Schinkenspeck. Hier ist wohl etwas Torf im Spiel aber in einem Sherryfass. Kirsche. 
  • Geschmack: Leichte Sherrynote. Leichte Pfeffernote auf der Zungenmitte. Kirsche. 
  • Abgang: Sanft und mild. Ein wenig Eiche. 
  • Wertung: o

Ohne den Schinkenspeck würde ich keinen Torf vermuten. 48%. Ich tippe mal auf einen Ballechin. 

Tasting Notes #4

  • Nase: Ananas und Vanille. Schöne Süße. Kräuter. 
  • Geschmack: Ananas und Frucht-Kaugummi mit kräftigem Antritt. 
  • Abgang: Leichte Schärfe. 
  • Wertung: +

Der gefällt mir. Kann man schön trinken. Ich tippe mal auf eine schöne Bourbonfass Lagerung. Könnte etwas älter sein (20yo?). Ich tippe mal auf 52% und bin auf die Auflösung gespannt. Destillerie? Das könnte ein Glenlivet sein. Zumindest mit feinen Aromen, nichts, was mich zu einer speziellen Destillerie hinziehen würde.

Tasting Notes #5

  • Nase: Karamell, Kirsche und ein wenig Liebstöckel. 
  • Geschmack: Kräftiger Antritt. 
  • Abgang: Ein wenig fruchtiger und trocken. Hält lange an. 
  • Wertung: o

Kräftig im Geschmack. Ich würde auf 55%+ tippen. Das Sherryfass, wenn es eines ist, lässt nicht viel vom Destilleriecharakter übrig. Ich würde auf etwas junges tippen <10 Jahren. Das könnte auch ein deutscher Whisky sein. 

Tasting Notes #6

  • Nase: Ingwer und Torf. 
  • Geschmack: Auch auf der Zunge Ingwer und Torf. 
  • Abgang: Trocken und Rauch. 
  • Wertung: o

Mein erster Gedanke ist ein Ledaig. Knapp 50%. Mit der Zeit verfliegt der Ingwer, aber an die Aromen komme ich nicht ran. 

Tasting Notes #7

  • Nase: Eine komplexe Mixtur aus Torf und evtl. einem Wein-Finish. Ich habe ein wenig Fenchel und Teer. 
  • Geschmack: Leichte Schärfe. Etwas Fenchel. Pfefferschärfe auf der Zungenmitte. Fruchtige Noten schimmern hinter dem Torf durch. 
  • Abgang: Leichte Schärfe. Teer und Anis. 
  • Wertung: +

Kräftig. Ich tippe auf 57%. Evtl. ein Ardbeg im Weinfass Finish? Kommt mir bekannt vor. 

Mein Bewertungsschema

Bewertet wurde(n) die Probe(n) nach folgendem einfachen Schema und rein auf Basis des persönlichen Geschmackes:

+gefällt mir, würde ich mir kaufen
ook/gefällt mir, muss ich aber nicht haben
trifft nicht meinen Geschmack

Was Du bei einer Verkostung beachten solltest und wie ich dabei vorgehe findest Du übrigens hier: Whisky-Wissen für Einsteiger. Und: wenn ich einen Whisky zur Verkostung zur Verfügung gestellt bekomme, ändert dies nichts an meiner Bewertung. Ich versuche immer fair zu bewerten, sage aber auch, wenn der Whisky nicht meinen persönlichen Geschmack trifft.

Die Auflösung der Whiskygraphen

Auflösung der BTC der Whiskygraphen
  1. Asbach, 15yo, 40%, ca. 32.- EUR
  2. Johnny Walker, Black Label, Sherry Finish, 12yo, 42%, ca. 27.- EUR
  3. Cooper’s Choice, Cambus, Grain, 26yo, 47%, ca. 120.- EUR
  4. McCrae’s, Mortlach 13yo, Sherry Butt, 471 Flaschen, 52.7%, ca. 77.- EUR
  5. Glenlivet, 16yo, Distillery Reserve Collection, 1st Fill Sherry Butt, 876 Flaschen, 57.9%, ca. 64.- EUR
  6. Ardbeg, Wee Beastie, 5yo, 47.4%, ca. 33.- EUR
  7. Octomore 10.2, 8yo, 1st Fill Sauternes, 96.9ppm, 56.9%, ca. 160.- EUR

Die Preise sind Ausgabepreise, die ich gefunden habe, aber manche der Abfüllungen gibt es nicht mehr bzw. nicht mehr zu dem ursprünglichen Preis. Die Auflösung hat mir Hagen verraten, nachdem ich ihm meine Tipps und Tasting Notes gesendet habe.

Wie gut habe ich mich bei der Blind Challenge der Whiskygraphen geschlagen?

Nun noch ein Blick zurück: was habe ich getippt und was war es wirklich?

  1. Cognac mit 46% => Asbach 40%
    Nun Weinbrand und Cognac passt noch, aber mit den % lag ich weit daneben. Scheint bei Weinbrand etwas anders zu wirken.
  2. Junger, deutscher Whisky oder Laddie, 46% => JW Black 42%
    Nun, der Tipp kommt aus den fehlenden Ecken und Kanten und passt deshalb ganz gut zu einem Blended Whisky.
  3. Ballechin mit 48% (und Torf) => Cambus, 26yo, 47%
    Den Grain habe ich überhaupt nicht gefunden. Häufig finde ich diesen typischen „Kleber“, aber bei dem hier gar nicht.
  4. Glenlivet 52% BOURBON => Mortlach 52.7% SHERRY
    Ich habe erst neulich gelernt, wie schwierig es ist, Bourbon und Sherry auseinanderzuhalten und prompt schon wieder verkehrt. Obwohl mir der hier am Besten gefallen hat und ich Mortlach gerne mag, hätte ich den nie für einen Mortlach gehalten.
  5. Evtl. deutscher Whisky, 55%+, <10yo => Glenlivet, 16yo 57.9%
    Der war mir zu ruppig für einen Glenlivet, aber ich habe bisher auch nur wenige in Fassstärke probiert und mit der Distillery Reserve Collection bin ich noch nie gut zurecht gekommen.
  6. Ledaig. Knapp 50% => Ardbeg Wee Beastie, 47.4%
    Autsch. Den hätte ich erkennen können – vielleicht sogar müssen. Bei jungen Torf-Whiskys mit dieser Ingwernote, bin ich meist bei Ledaig, denn so haben die ersten Ledaigs geschmeckt. Und einen Wee Beastie hatte ich lange nicht mehr.
  7. Ardbeg im Weinfass Finish, 57% => Octomore 10.2, Sauternes, 56.9%
    Mit Weinfass und den % lag ich ganz gut, aber den Octomore habe ich nicht erkannt. Die 10er habe ich auch nicht probiert und vor allem die Duty Free Ausgaben habe ich nur selten zu Gesicht bekommen. Sehr schön!

Fazit

Am Besten hat mir die #4 Gefallen dicht gefolgt von der #7. Aber auch bei den anderen Proben war keine dabei, die man nicht trinken konnte. Puh, Glück gehabt, dass mich die Whiskygraphen nicht mit irgendwelchem untrinkbarem Zeug herausgefordert haben.

Das war eine schöne Challenge, die mal wieder gezeigt hat, wie wenig man doch weiß. Ich kann das jedem nur empfehlen – mach hin und wieder eine Blindverkostung mit und finde heraus wie schwierig das ist! Ich habe weder den Blended Whisky noch den Grain erkannt. Auch den Ardbeg habe ich nicht erkannt. Bourbon und Sherry? Auch nicht.

So ist das, aber im Abschnitt „Wie gut habe ich mich geschlagen“ erkläre ich ein wenig, warum ich zu dem Tipp gekommen bin. Wir sind alle geprägt von Erfahrungen und die verleiten einen die Blind Samples diesen zuzuordnen. Ich hatte allerdings auch nicht damit gerechnet, dass mich die Whiskygraphen gleich mehrfach aufs Glatteis führen. Die Überraschung ist Euch gelungen!

Danke an Hagen und die Whiskygraphen für die Challenge und die Proben!

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