Tasting

Tasting: RUM – 6x Querbeet – Martinique, Panama und Jamaica

Am letzten Wochenende war es mal wieder so weit und ich wage einen weiteren Blick über den Tellerrand hinaus. Rum steht auf dem Programm. Und ich bin nicht alleine. Ich habe mir Unterstützung von einem Rum Kenner geholt. Also, ans Werk!

  • Transcontinental Rum Line, Panama, 2010/2016, 43%, ca. 40.- EUR
  • Neisson, Extra Vieux, Rhum Agricole, Martinique, 45%, ca. 72.- EUR
  • Transcontinental Rum Line, Worthy Park, Jamaica, 2006/2016, 1.000 Fl., 46%, ca. 100.- EUR
  • Habitation Velier, Hampden, 2010/2016, 6yo, Jamaica, 68.5%, SC, war 87.- jetzt >150.- EUR
  • Habitation Velier, Forsyths, WP 502, Jamaica, 57%, ca. 45.- EUR
  • Habitation Velier, Forsyths, WP 151, Overproof, Jamaica, 75.5%, ca. 70.- EUR

Ich habe mir Unterstützung organisiert und mit Marc einen versierten Rum Kenner an meiner Seite. Wir verkosten die sechs gemeinsam.

Tasting Notes

Transcontinental Rum Line – Panama 2010/2016

Hinter der Transcontinental Rum Line steckt La Maison du Whisky, ein großer französischer Whiskyhändler und unabhängiger Abfüller. 100% Blended in Panama.

Unsere Tasting Notes

  • Nase: Süße und Trockenobst. Der Alkohol steigt in die Nase. Zitrone. Feine Holznote.
  • Geschmack: Kräftig auf der Zunge. Fruchtsüße. Würzig.
  • Abgang: Würzig. Dann Eiche. Nicht lange anhaltend.

Hmm.. noch fehlt mir die Vergleichsbasis, aber trinken kann man den. Allerdings ist er nicht sonderlich komplex.

Neisson Extra Vieux Rhum Agricole

Stammt aus der Destillerie Thieubert-Carbet auf Martinique. Rhum Agricole ist stärker kontrolliert als „normaler“ Rum und wird aus Zuckersaft (nicht der Melasse) hergestellt. Extra Vieux ist eine Angabe für das Alter (5-7 Jahre).

Unsere Tasting Notes

  • Nase: Hustensaft. Würzig. Grasige, frische, pflanzliche Noten. Maggikraut? Leberknöddel mit Majoran. Leichte Eiche.
  • Geschmack: Würzige Eiche. Dezente Süße. Vanille.
  • Abgang: Leichtes Kribbeln auf der Zungenspitze und Pfeffer im Abgang. Dann kommt etwas vor längerem geschnittenes Gras dazu.

Der ist so gar nicht meins. Marc mag nur wenige Rhum Agricole. Dabei hatte ich die vom Herstellungsprozess als besonders interessant gesehen. Da muss ich wohl noch ein paar andere probieren.

Transcontinental Rum Line – Worthy Park 2006/2016

Acht Jahre in Jamaica und dann zwei Jahre in Europa nachgereift. Batch aus drei Fässern.

Unsere Tasting Notes

  • Nase: Jamaica-Nase sagt Marc. Gummi-Geruch. Für mich ist das Hansaplast (der Klebestreifen im Verbandskasten). Dann kommen Früchte. Apfel. Frische. Hohe Esteranteile machen sich bemerkbar (gärig). Muffiges Gras. Das Hansaplast wird zu gefrorenem, tranigem Fisch.
  • Geschmack: Da ist das Hansaplast wieder. Die Zungenspitze kribbelt. Leichte Eiche und süße, reife Früchte.
  • Abgang: Ein wenig Pfeffer. Früchte und dann ein wenig Eiche.

Marc gefällt der hier bisher am Besten. Schön rund. Der ist nicht schlecht.

Habitation Velier – Hampden 2010

Pure Single Rum aus Jamaika in Fassstärke, sehr schwer und dicht von den Aromen. 100% Pot Still. > 40% Angels share. Velier ist eine italienische Firma aus Genua. Habitation ist eine Rumserie. Der Hampden ist aus Melasse produziert worden. HLCF steht für den Estergehalt von 500-700 gr/laa Ester.

Unsere Tasting Notes

  • Nase: Starke Würze, dicht und komplex. Kleber. Nicht süß, keine Vanille. Nagellack. Ein wenig Eiche. Sehr interessante Nase. Das ist mal ein komplexer Rum, der sich verändert. Soja-Sauce? Mit ein paar Tropfen Wasser ist auch hier noch ein wenig Bewegung drin.
  • Geschmack: Langsam und dann immer stärker breitet der sich auf der Zungenspitze aus. Der hat ordentlich Kraft. Jetzt wird er ölig und die Zungenspitze taub. Nagellack und Würze. Marc hat auf eine Schlehe gebissen. Mit ein paar Tropfen Wasser wird der richtig schön und angenehm. Rund. Leichte Kaffeenote.
  • Abgang: Pfeffer und Taubheit. Die Kraft hält an und ich muss erst Mal ein wenig neutralisieren (Brot wirkt Wunder). Mit ein paar Tropfen Wasser ist auch der Abgang schön und es schwingt ein wenig Süße mit.

Der gefällt mir am besten. Endlich mal ein Rum, der komplex ist. Damit muss ich wohl mein Vorurteil aufräumen, dass es keine komplexen Rums gibt. Allerdings gibt es auch bei dem hier nicht so viel Variationen der Aromen, wie ich das bei manchen Whiskys kennengelernt habe.

Forsyths WP 151 Proof Habitation Velier

White Jamaica Pure Single Rum, 100% Pot Still, WP ist die Abkürzung für die Worthy Park Distillery.

Unsere Tasting Notes

  • Nase: Klar und frisch. Der hatte keine Reifung, sondern ist mit einem New Make Whisky zu vergleichen. Banane finde ich. Hohe Esterkonzentration. Mit Wasser ändert sich für mich nichts.
  • Geschmack: Ein wenig Hansaplast. Leichtes Kribbeln aber eher süß und leichte Pfefferschärfe. Leichter Milchkaffee. Mit Wasser fehlt ihm die Kraft.
  • Abgang: Kurz und ein wenig Ester, etwas Pfeffer. Mit Wasser eher langweiliger.

Macht sich vermutlich gut in Cocktails, Mai Tai und Co.

Forsyths WP 502 Habitation Velier

Der weiße Rum wurde ohne Kühlfiltration und ohne Zusatzstoffe abgefüllt. Zudem hat man ihn traditionell im Potstill destilliert, was den Rum etwas schwerer macht als herkömmliche Blancos aus dem column still.

Unsere Tasting Notes

  • Nase: Ist ähnlich wie der WP151 aber kräftiger und mit etwas Nagellackentferner. Parfümiert.
  • Geschmack: Der hat richtig Kraft. Bei mir schwingt ein wenig Wachholder mit.
  • Abgang: Für die hohe Alkoholzahl ist er noch relativ mild, aber hier zieht ein Pfeffer-Chili-Mix seine Runden durch meine Mundhöhle.

Analog zum WP151 ist der vermutlich nur für Cocktails gedacht. Zum Pur trinken ist mir der viel zu spritig und selbst verdünnt, war das nicht so sehr mein Ding. Evtl. liegt das grundsätzlich an den weißen Rums.

Herstellung von Rum

Wie Rum hergestellt wird, und worauf man achten sollte, kann man bei Eyeforspirits hier nachlesen: Der große Rum-Leitfaden: Was du über Rum wissen solltest.

Fragen an Marc

Marc, hilf mir mal bei ein paar Fragen weiter.

Was ist der Unterschied zwischen weißen und „goldenen“ Rum? Ist der weiße wie ein New Make noch ungelagert?

Marc: „Weisser Rum (auch Blanko) ist der junge Wilde, der hauptsächlich in Stahlfässern „reift“. Ist natürlich nicht so komplex, aber oftmals der ideale Begleiter zum Mixen.

Was ist eine gute Alkoholstärke bei Rum? Hier sind einige mit 43%, 45%, 46% aber auch Fassstärken mit über 75% dabei?

Marc: „Ich bevorzuge Fassstärke, da ich den Rum nach meinem Gusto mit Wasser verdünnen kann. Aber dies ist ein persönliches Empfinden, das sich natürlich im Laufe der Zeit (und des Trinkens) entwickelt.

Mit welcher Fassstärke wird Rum abgefüllt? Bei Whisky sind das üblicherweise 63.5% und bei Rum?

Marc: „Er wird mit bis zu 96% destilliert, mit unterschiedlichem Alkoholgehalt eingelagert und muss noch mindestens 37.5% haben, wenn er in die Flasche kommt.

Welche Qualitätsmerkmale sollte ich bei Rum beachten?

Marc: „Der beste Rum ist der, der einem schmeckt. Der eine steht auf Süssrums, der nächste bevorzugt Cask Strength. ABER die Deklaration der Rums ist undurchsichtig, da die weltweite Kontrolle der Rumdestillen schwierig ist. Niemand gibt zu beim Aussehen und Geschmack des  Rums nachzuhelfen, aber nicht durch Liebe, Fass und Reifung können die Rums so entstehen. Es gibt natürlich Hersteller, die dies transparenter gestalten und versuchen „saubere“ Rums herzustellen. Hier seien auch die Agricole Rums genannt.

Was sagt mir das Alter beim Rum? Ist das wie bei Whisky?

Marc: „Beim Rum ist das ähnlich wie beim Whisky, die Altersangabe gibt Auskunft über die Reifezeit des Rums. Aber Vorsicht, denn ist der Rum im Solera verfahren hergestellt worden, dann ist nur ein evtl. kleiner Teil des Rums so alt, wie auf dem Etikett steht.

Gibt es bei Rum Unterschiede zwischen den Herkunftsländern?

Marc: „Ja, es bestehen stellenweise grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen, bzw. Inseln. Dies macht aber den besonderen Reiz des Rumgenusses aus.

Was ist Rhum Agricole? Ich habe gelesen, die sind besonders rar. Merke ich den Unterschied?

Marc: „Agricole Rhum ist nicht ein besonders rarer Rum, sondern wird im Gegensatz zum Rum nicht aus Melasse, sondern direkt aus dem Zuckerrohrsaft hergestellt. Der Rhum Agricole ist durch das französische Qualitätssystem der Appellation d´Origine Contrôlée (AOC) geregelt. Dieser Rhum wird nicht nur anderes geschrieben, er unterliegt auch strengen Kontrollen.

Was bedeuten die Zahlen bei den WP? 502 und 151?

Marc: „Meines Wissens bezieht sich die Zahl 502 auf den Esteranteil und bei 151 ist es der „alcohol proof“.

Wenn Single Cask wie beim Whisky für ein einziges Fass steht, wie groß sind die dann bei 1.300 Flaschen?

Marc: „Single Cask heisst nur, dass der Rum aus einem Fass stammt. Wie gross das Fass war, kann man dadurch nicht ableiten. Es sagt ja nicht aus, ob das Fass als Cask Strength oder verdünnt abgefüllt wurde.

Gibt es Tipps, wie man bei Rum die richtige Reihenfolge beim Tasting findet? Worauf sollte ich achten?

Marc: „Ich würde meist in Reihenfolge der Alkoholstärke probieren von schwach zu stark. Zusätzlich sollte noch beachtet werden, wie kräftig ein Rum ist, falls dies bekannt ist. Außerdem würde ich mit dem süßesten Rum starten, da sonst der Geschmack nach den anderen Rums als zu süß empfunden werden könnte.

Ich habe jetzt schon öfters die Empfehlung gehört, den Rum mit Eis oder als Cocktail zu trinken. Ist der Rum dafür nicht zu schade?

Marc: „Jeder soll den Rum geniessen wie es ihr oder ihm gefällt. Dies kann mit Eis oder in einem Cocktail sein. Beim mir hängt dies u.a. vom Rum selbst, meiner Tagesform und den äusseren Umständen ab, ob und wie ich den Rum genieße.

Fazit

Im Gegensatz zu Whisky wird Rum in allen möglichen Ländern abgefüllt und auch verschnitten. Die Bezeichnungen auf den Labels sind für mich noch nicht so gut zu fassen und suggerieren mir analog zum Whisky eine gewisse Sicherheit. Man muss sich aber auch bei Rum mit den Etiketten, den Herstellungsverfahren und den Destillerien bzw. Abfüllern auseinandersetzen, um nicht enttäuscht zu werden. Denn auch bei Rum gibt es teure Exemplare. Die meisten Rums in unseren Shops sind von unabhängigen Rum-Abfüllern. Im Gegensatz zum Whisky, denn dort ist es von der Menge her gesehen eher die Ausnahme.

Vom deutschen Importeur dieser Rums habe ich die Aussage erhalten, dass alle diese hier probierten Rums weder gefärbt noch aromatisiert oder gesüßt worden sind.

Wir haben auch ein wenig mit Gläsern experimentiert. Bei den hohen Esterwerten hat vor allem das NEAT-Glas den Alkohol schnell verfliegen lassen und so die Esternoten frei gelegt. Marc nimmt gerne ein Stilglas (Classic Malts o.ä.). Ich habe mein Riedel VINUM benutzt.

Mein Eindruck? Ich bin positiv überrascht, wie hochwertig und unterschiedlich Rums sein können. Die weißen Rums sind nicht so meins, aber der Hampden hat mir richtig gut gefallen.

Alle diese Proben hat mir Kirsch Whisky zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!