Tasting

Tasting: IPA und Project XX – Frischer Wind bei Glenfiddich!

Schon lange fand kein Glenfiddich mehr in mein Glas. Zumindest nicht auf Bestellung. Und gekauft habe ich mir auch schon lange keinen mehr. Warum eigentlich?

Glenfiddich ist „nur noch“ der zweitplatzierte beim Rang der meistverkauften Single Malts, denn Glenlivet hat den langjährigen Ersten vom Thron geschubst. Aber ohne Glenfiddich gäbe es wohl den Single Malt Scotch Whisky Markt nicht mit der riesengroßen Auswahl, die wir heute genießen dürfen. Zu meinen Whisky-Anfangszeiten habe ich mich auch durch die Range von Glenfiddich probiert. Alle sehr gut trinkbar, aber ohne Ecken und Kanten, denn diese Whiskys sind für eine möglichst breite Käuferschicht konzipiert.

Bei einigen meiner Blindverkostungen waren auch Glenfiddich Abfüllungen dabei und wie sollte es auch anders sein, die Abfüllungen gefallen, wenn man erst ein Mal seine Vorurteile nicht bemühen kann. Und im direkten Vergleich mit gleichaltrigen Herausforderern geht es wohl auch anderen Probanden so (SoSWF Awards 2016 – drei Mal an Glenfiddich).

Ende letzten Jahres haben die Mavericks von Glenfiddich (eine Gruppe von Glenfiddich Liebhabern, die handverlesen werden) zwei Neuerscheinungen begleitet: GLENFIDDICH EXPERIMENTAL SERIES. Das ganze drumherum und die Art und Weise, wie man diese Abfüllungen auf dem Markt präsentiert ist für Glenfiddich sehr unkonventionell. Man will neue Käuferschichten aufmerksam machen. Zwar eigentlich an das „junge“ Publikum gerichtet, bin auch ich neugierig geworden. Ich habe mir zwei Proben organisiert und komme nun endlich dazu, die beiden zu probieren.

  • Glenfiddich, IPA Cask Finish, 43%, ca. 54.- EUR (war bei 45.- GBP)
  • Glenfiddich, XX, 47%, ca. 53.- EUR (war bei 47.- GBP)

Kurze Infos und Original Tasting Notes

Glenfiddich Experimental Series IPA

Zum IPA: „Bei unserem ersten richtungsweisenden Experiment hat Malt Master Brian Kinsman bewiesen, dass traditionelle Whisky Fässer auf einfallsreiche Weise mit Aromen versehen werden können. In Zusammenarbeit mit einer Craft Beer-Brauerei aus der Speyside hat Brian ein kräftig-würziges IPA Bier kreiert, um unsere Eichenfässer mit intensivem Hopfenaroma zu bereichern. Das Resultat: der erste Scotch Whisky überhaupt, der in IPA-Fässern gereift ist.

Das Aroma dieses außergewöhnlichen Single Malts wird bestimmt von einzigartigen Zitrusnoten und einem Hauch von frischem Hopfen. Der Geschmack entsteht durch das Finish in IPA-Fässern und durch die Auswahl von handverlesenen Whiskys, die zu den intensiven Hopfennoten passen.

  • Nose: A beautifully delicate balance of ripe green apple, William’s pear and spring blossom. Aromatic hops and fresh herbs complement the characteristic Glenfiddich fruitiness and sweet, vanilla oakiness.
  • Taste: Vibrant with a zesty citrus note followed by soft, sweet vanilla and a hint of fresh hops.
  • Finish: Long lasting sweetness with subtle green hops.

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Glenfiddich Experimental Series Project XX

Zum XX: „Unser zweites Experiment der Serie hat in privatem Kreise in unserem Conval Lagerhaus stattgefunden. Brian Kinsman lud unter völliger Geheimhaltung 20 Whisky-Experten aus aller Welt dazu ein, unter Tausenden Fässern jeweils ihren Favoriten auswählen. Diese 20 verschiedenen Qualitäten, gereift in den unterschiedlichsten Fassarten von ehemaligen Portwein- zu jungfräulichen Bourbon-Fässern, ergeben zusammen einen überraschenden, innovativen und völlig neuartigen Whisky, der sogar unsere eigenen Erwartungen übertroffen hat.

Der Project XX mit seiner tiefgoldenen Farbe hat zwar einen sommerlich-fruchtigen Charakter eines klassischen Glenfiddichs, aber seine Vielschichtigkeit zeigt sich durch die Aromenvielfalt von süßer Zimtwürze, Mandeln und reichhaltigen Portwein-Noten, die durch einen Hauch Lakritz verstärkt werden.

  • Colour: Deep gold
  • Nose: Classic Glenfiddich fruitiness with hints of apple blossom, summer fruits and ripe pear. A beautiful balance of oak with rich creamy vanilla, barley sugar and a hint of liquorice and subtle spice
  • Taste: A refined and balanced flavour with candy floss sweetness and a rich vanilla oakiness. Deep and mellow, the initial sweetness is complemented by unusual notes of toasted almonds, cinnamon and a hint of crisp tannin
  • Finish: Long lasting with a lingering sweet oakiness

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Meine Notes

IPA

  • Nase: Ein leichter und frischer Whisky. Leichte Honignote. Dann kommen kräftigere Zitrus- und Hopfennoten. Ein wenig versteckt kommt eine noch nicht reife Ananas mit der Zeit. Das Potpourri ist ein wenig ungewöhnlich. Zwischen den leicht süßlichen Eindrücken schwingt auch ein wenig säuerliches mit. Nach langem Warten kommen Früchte wie ein saftiger, roter Apfel und viel Vanille. Benetzt man die Wände des Glases kommt wieder die Frische zum Vorschein, die auch an grüne, saure Äpfel (Granny Smith) erinnert. Mit ein paar Tropfen Wasser wirkt er ein weniger ausgeglichener, nicht so hin und her gerissen zwischen süß und säuerlich.
  • Geschmack: Leichtes Prickeln auf der Zunge hauptsächlich an den Rändern. Ein wenig Orangenlimonade mit Vanille. Mit den Tropfen Wasser kommt mehr Birne und Honig und das Prickeln bleibt aus. Marshmallow kombiniert mit Litschi.
  • Abgang: Leichte Schärfe und ein wenig Eiche entwickelt sich mit der Zeit zur leichten trockenen Note. Dann ein wenig Hopfen im Nachklang. Zurück bleibt ein wenig Biergeschmack. Mit Wasser mehr von der Fass-Würzigkeit.

XX

  • Nase: Kräftige süße Vanille. Reife Früchte: Orangen, Rosinen und getrocknete Aprikosen. Schön komplex. Zeit lassen. Honig. Sehr schön ausgewogen. Der verändert sich über die Zeit und es macht Spaß ein wenig damit zu spielen. Zimt blitzt ab und an durch ist aber sehr flüchtig. Mit Wasser kommen weitere Aromen zum Vorschein, aber er verliert ein wenig an Kraft.
  • Geschmack: Weniger kräftige Süße als erwartet. Ananas. Cremig. Zimt und viel Äpfel. Der hat Kraft auf der Zunge. Im Geschmack hilft das Wasser ein wenig der Süße auf die Sprünge. Milchschokolade. Die Ananas wird kräftiger. Ein wenig Ingwer. Ein wenig Nelke.
  • Abgang: Trockene Eiche und süße Orange. Mit Wasser braucht die Eiche ein wenig länger, kommt aber immer noch. Die Orange verschwindet.

Fazit

Die beiden wird es auch weiterhin geben, wie mir Helmut Knöpfle von Campari verraten hat. Die nächsten Batches werden dem ersten sehr ähnlich sein. Die beiden neuen Produkte werden auf dem Markt gut angenommen und deshalb verfügbar bleiben.

Der IPA kommt mir wie ein kleiner junger Wilder vor, der ein wenig vom Hopfen genascht hat. Interessantes Experiment, aber so viel hat das IPA Fass noch nicht beigetragen. Wäre mal interessant mit dem dazugehörigen IPA parallel zu testen.

Der XX ist deutlich dunkler im Vergleich zum IPA. An der Nase gefällt mir der sehr gut. Im Geschmack hatte ich mehr Süße erwartet. Hier wirkt eher der noch junge Glenfiddich. Aber er gefällt trotzdem. Für mich der bessere von beiden, aber probieren sollte man beide!

Betrachtet man den Aufwand, der in dieses Projekt gesteckt wurde, sind die beiden Abfüllungen sehr günstig. Auch wenn beides NAS Whiskys sind oder gerade deshalb, wären die bei anderen Destillerien wohl deutlich teurer verkauft worden. Und die Aufmachung ist sehr gelungen und hochwertig. Glenfiddich kann also auch anders! Es wird mal wieder Zeit ein wenig aufmerksamer und mit weniger Vorurteilen durch die Whiskywelt zu gehen. Ich bin auf die nächsten Experimente von Glenfiddich gespannt.

Danke an Glenfiddich für die Proben!

Hinweis: Alle Bilder stammen von Glenfiddich.

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