Reiseberichte

SPEYSIDE WHISKY FESTIVAL 2013 – EIN GANZ PERSÖNLICHER LESERBERICHT

Kalte Gipfel, wärmende Drams

Das ist der Titel meines Artikels im „Der Whiskybotschafter“ – Ausgabe 4-2013. In dem Beitrag beschreibe ich meine Reise zum Speyside Whisky Festival 2013.

PDF: Speyside WF 2013
Bilder: zur Galerie

Oder Ihr lest den Artikel hier…. die Fotos dazu findet Ihr ganz am Ende als Slideshow.

Kalte Gipfel, wärmende Drams

In Schottland kann ich bestens zwei meiner Hobbys ideal miteinander verbinden: Fotografieren und neue Whiskys (inklusive ihrer „Seele“) entdecken. Leider konnte ich dieses Jahr nicht zum Feis Ile auf Islay, doch dann ergab sich kurzfristig eine tolle Alternative: eine Reise zum Speyside Whisky Festival (Spirit of Speyside Whisky Festival). Schon beim Studieren des Programms im Vorfeld kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Wie viele Events die Veranstalter in fünf Tage packen können! Also schnell übers Internet gebucht. Flug und Mietwagen: kein Problem. Schwierig dagegen, direkt im „Speyside-Dreieck“ – Aberlour, Dufftown, Rothes – unterzukommen und dort den Shuttle-Bus zu nutzen; ratsam deshalb, weil es bei den meisten Events den einen oder anderen Dram zum Probieren gibt. Den Gedanken hatten wohl schon viele andere vor mir (und das deutlich früher). Standard-Auskunft auf meine Anfragen: „Bitte möglichst ein Jahr im Voraus buchen.“ Also Plan B – Grantown on Spey und keine Drams (zur Lösung dieser Herausforderung später mehr).

Nun konnte ich mich voll und ganz auf die Auswahl der passenden Events konzentrieren. Gebucht habe ich als Hobby-Fotograf folgendes:

  • Whisky Shots – A Blend of Photography & Drams • Spirit of the Lens Sunrise
  • Glen Elgin Distillery – The Manager‘s Tour
  • Dave Broom’s Walk to the Summit of Ben Rinnes • Spirit of the Lens!
  • The Famous Mash Tun Steak Night

Unterkunft: Bed & Breakfast im Brooklynn Guesthouse, licensed von Silvia und Alan. Mein erstes Ziel war die „Craig Bar“, ein gemütliches Pub, mit einem netten Publikum und gutem Essen.

1. Station: Die Veranstaltung „Whisky Shots“ hat mich am Freitag sehr früh, aber nach ausgezeichnetem Frühstück (mit frischem Obstsalat und selbstgemachtem Joghurt) nach Huntley zu Ardmore geführt. Über diese Distillerie wusste ich nur, was man auf der Webseite und diversen Veröffentlichungen lesen kann. Ardmore beliefert hauptsächlich die Blends (Teachers) des Mutterkonzerns (Beam Global) und hat nur eine regelmäßige Single Malt Abfüllung (den Ardmore Traditional) sowie einen 25- und 30-Jährigen im Verkauf. Alle Abfüllungen sind seit jeher leicht getorft. Damit der Tausch von Fässern für die anderen Brennereien interessanter ist, wird von Zeit zu Zeit auch ein ungetorfter Whisky hergestellt, der sich dann Ardlair nennt. Da die Brennerei normalerweise nicht zu besichtigen ist, war ich sehr gespannt, was mich erwartet. Empfangen wurden die sechs Teilnehmer vom Distillery Manager Alistair Longwell und dem Profi-Fotografen Ian Macilwain. Letzterer erklärte uns einige Techniken, die wir beim Fotografieren in der Brennerei ausprobieren könnten, und zeigte uns Beispiele seiner diesbezüglichen Arbeiten. Danach erzählte er ein wenig über die Brennerei und zeigte uns die Points of Interest.

Nach einem gemeinsamen Lunch wurde für jeden ein Begleiter ausgelost, mit dem man gehen konnte, wohin man wollte, um alles (ohne Blitz, aber mit Stativ) zu fotografieren. Ich hatte das Losglück (als Vorletzter) auf meiner Seite und habe meine Tour mit Alistair drehen dürfen. Das Schöne: Jeder konnte fotografieren, was man sonst nicht vor die Linse bekommt. Ich nahm daher erst mal die Mash Tun (25 foot, cast iron) von oben ins Visier. Nach etlichen Stufen und Verrenkungen hat mich Alistair an die optimale Stelle geführt und ich musste nur noch abdrücken. Nach diesen ersten „Höhenerfahrungen“ zeigte mir Alistair noch weitere Plätze, die er mir besonders empfehlen konnte. Er hat Schlösser und Luken geöffnet und geschlossen, Lichter an- oder ausgemacht, Steigleitern erklommen usw. So etwas hatte ich noch nicht erlebt! Einfach perfekt! Dann das zweite Highlight des Tages: eine Verkostung von vier Fassproben im Lager. Dafür hatte ich mit kleinen Fläschchen (5cl) vorgesorgt. Sie wissen schon: ein wenig Nosing und dann die Drams abgefüllt. Aber es kam anders … Nachdem ich Alistair gesagt hatte, ich müsse noch fahren und hätte deshalb Fläschchen dabei (nicht dass ein falscher Eindruck entsteht), füllte er diese direkt ab – bis zum Anschlag. Das erste Fass war ähnlich dem „Ardmore Traditional“, aber in Fassstärke und zwölf Jahre alt. Die anderen drei wurden unterschiedlichen Fässern zum Finishing zugeführt, um eine neue Abfüllung zu kreieren: 2-mal 13 yo Triple Wood und 1-mal 12 yo Double Wood. Unser Favorit war Fass drei, was wohl die Meinung der Experten vor uns bestätigt hat. Ende des Jahres werden wir es wissen. Zum krönenden Abschluss zeigte uns Alistair in seinem Büro noch die wahrscheinlich älteste gefüllte Whiskyflasche, die ich jemals in Händen halten durfte: einen 40-jährigen Ardmore, der in den frühen 20er-Jahren abgefüllt wurde (also Whisky aus den frühen 1880ern!).

2. Station: Meine Fläschchen habe ich an dem Abend nicht mehr probiert, denn tags drauf war bereits um 04:30 Uhr Treffpunkt. Damit wir bei „Spirit of the Lens Sunrise“ im Dunkeln die passende Stelle in den Hügeln von Glenlivet finden konnten, wurden die vier Teilnehmer samt Führer und Fotograf mit dem „Glenlivet Hill Trek“ (ein kleines Fahrzeug mit 8 Reifen für 6 Personen – „Argocat“) an die beste Stelle gefahren. Das Argocat ist dabei erstaunlich sanft durch die mit Frost (im Mai!) überzogene Heide gekurvt – und nach diversen Drehungen auf der Stelle, Öffnen und Schließen von Gattern, dem Durchqueren von sehr feuchten Böden und etlichen Höhenmetern später hatten wir eine herrliche Stelle mit weitem Blick erreicht. Die Sonne lieferte sich mit den Wolken ein fantastisches Schauspiel und ich war dankbar, dass ich mich für diesen Event entschieden hatte – trotz der frühen Aufstehzeit, Kälte und Wind. Ich lernte, wie es ist, auf einem schottischen Hügel zu stehen. Handschuhe und Mütze waren empfohlen worden, aber ich als alter Profi hatte diese natürlich nicht dabei. Zum Schluss fuhr uns das Argocat (in Teilen auf dem Speyside Trail) in eine „Schmugglerhütte“ zum Frühstücken.

3. Station: 10 Uhr „The Manager‘s Tour“ in der Glen Elgin Distillery. Nächste Herausforderung: diese erst mal finden. Sie ist normalerweise nicht für Besucher zugänglich und daher auch nicht ausgeschildert. Der Raum füllte sich mit einigen Schotten (mit sehr amüsanten Fragen und Kommentaren). Kurios: Als Führer war der farbige „Parkeinweiser“ eingeteilt, erst seit zwei Jahren in Schottland und vorher für die Hefe-Industrie tätig. Er ist der Distillery-Manager. Weitere Überraschung: Ich hatte mich auf eine nach traditioneller Art produzierende Brennerei eingestellt. Diese habe ich nicht mehr entdecken können, dafür viele Sensoren, Schläuche, Notfallsysteme, etc. Fotografieren war größtenteils untersagt und für die Drams ging’s nicht in die verschlossenen Lagerhäuser, sondern ins Büro des Managers. Grund: Der New Make von Glen Elgin wird mehrmals die Woche an einen zentralen Lagerort transportiert. Als Ersatz öffnete der Manager eine Flasche 12-Jährigen und schenkte jedem einen Mini-Dram ein. Nun liefen die Schotten zu ihrer Höchstform auf. Doch kein Kommentar dazu …

4. Station: Glenlivet. Die kostenlose Tour führte durch den neuen Teil der Brennerei (wurde Anfang 2010 erweitert) mit der „Kathedrale“ (das Still House mit großem Panoramafenster). Kurz vor dem Eingang mussten wir stoppen, um eine Presse-Gruppe vorzulassen. Diese fotografierte im Hochregallager sogar mit Blitz, uns war es selbst ohne verboten. Naja, logisch ist das nicht, aber ich habe andererseits auch schon schönere Lagerhäuser gesehen.

5. Station: Der Sonn- war Naturtag für mich. Es ging mit Dave Broom (Whisky-Autor) und Alan Winchester (Master Distiller Glenlivet) auf den Ben Rinnes. Der Marsch hatte immer wieder schöne Ausblicke zu bieten, doch die Luft war wegen des hohen Tempos für manchen in der Gruppe dünn. Am Gipfel wurden uns sämtliche Brennereien gezeigt, die man von dort oben sehen kann. Ein sagenhafter Rundblick! Als kleinen Bonus packten die mit marschierenden Vertreter der Industrie jeweils eine Flasche Whisky aus und verteilten den Inhalt großzügig
in Plastikbecher (beim nächsten Mal stecke ich ein Glas ein – manche waren wohl darauf vorbereitet).

6. Station: „Spirit of the Lens!“ wurde wieder von James veranstaltet, mit dem ich auch schon den Sonnenaufgang fotografiert hatte. Getroffen haben wir uns bei Glenfarclas. Mit zwei weiteren Schotten und einem amerikanischen Pärchen wurden wir in unserer Geschwindigkeit durch die Brennerei geführt und durften alles fotografieren (trotz Sicherheitsvorschriften). Da außer uns noch keine Besuchergruppen unterwegs waren, hatten wir so die Möglichkeit, einige interessante Fotos zu machen. Zum Abschluss sollten wir dann – jeder ausgestattet mit einer Flasche Glenfarclas – ein Produktfoto machen. Mal was Neues.

Nach einem Mittagessen im eleganten „Dowans“ ging es dann zum zweiten Teil: Speyside Cooperage. Ich hatte mich auf ein besonderes Erlebnis eingestellt, denn normalerweise darf man die Küfer nur von oben durch Plexiglasscheiben fotografieren und das Freilager mit den vielen Fässern ist tabu. Für uns wurden tatsächlich die Scheiben geöffnet, in das Fasslager wurden aber leider auch wir nicht gelassen. Wer „nah ran“ will, muss eine VIP-Führung buchen. Preis: ca. 120 € (trotzdem in der Regel schnell ausgebucht). James umrundete mit uns die Küferei über die umliegenden Felder. So hatten wir (auch wenn das einem Mitarbeiter der Küferei nicht gefallen hat) doch noch die Möglichkeit, ein paar Fässer im Freilager zu fotografieren.

Den letzten Tag schloss ich dann in der Mash Tun mit einem hervorragendem Steak und einer leckeren Nachspeise ab.

Fazit: Der Besuch in der Speyside war kurz, aber sehr intensiv. Ich komme gerne wieder.

SSWF 2013 - Speyside Überblick

Bilder meiner Reise zum Speyside Whisky Festival 2013
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