SRT24 – Bowmore – Tour Guides Selection Tour
Während des Fèis Ìle 2024 haben wir auch die „Tour Guides Selection Tour and Tasting“ bei Bowmore gebucht. Wir erleben dabei eine exklusive Führung durch die Bowmore Distillery. Von den traditionellen Malzböden über den Kiln bis hin zu einem besonderen Tasting im legendären Vaults No. 1 – die Tour zeigt Bowmore von seiner authentischsten Seite. Diese Tour ist sehr individuell und ausführlich – genau das Richtige für Whisky-Nerds.
Hintergrundwissen
Die Bowmore Distillery wurde 1779 gegründet und gilt als die erste legale Brennerei auf der Insel Islay sowie eine der ältesten in Schottland. Ihr Gründer, der Farmer und Händler David Simpson, leitete das Unternehmen gemeinsam mit seiner Familie bis 1837, als die Zwillingsbrüder William und James Mutter die Brennerei erwarben. Sie prägten das Unternehmen und legten unter anderem die wichtige Wasserzufuhr vom Fluss Laggan an, die noch heute genutzt wird.
Im Jahr 1887 verkauften die Mutter-Brüder die Brennerei aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten an John Bell Sherriff aus Campbeltown. Nach weiteren Besitzerwechseln übernahm Joseph Robert Holmes 1892 die Bowmore-Destillerie, bevor sie schließlich 1925 wieder in den Besitz der Sherriff-Familie (James Bell Sherriff) zurückkehrte.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktion von 1940 bis 1943 eingestellt, und die Brennerei diente dem RAF-Küstenkommando als Luftstützpunkt. In den 1960er Jahren erlebte Bowmore einen erneuten Aufschwung, als die Stanley P. Morrison Ltd. 1963 die Brennerei übernahm. Diese Firma, zu der auch Auchentoshan und Glen Garioch gehörten, formte das heutige Image von Bowmore.
Ein besonderer Moment in der jüngeren Geschichte war der Besuch von Queen Elizabeth II im Jahr 1980. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums im Jahr 1979 brachte Bowmore eine besondere Abfüllung auf den Markt, die an die historischen Mutter-Flaschen erinnerte. Ebenfalls legendär ist die 1993 eingeführte Black Bowmore Trilogy, deren Abfüllungen zu den begehrtesten und seltensten Sammlerstücken der Whisky-Welt gehören. 2016 wurde das fünfte und letzte Fass wiederentdeckt, was zur Veröffentlichung des Black Bowmore 50 Year Old, The Last Cask To Be Rediscovered führte. 1994 wurde Bowmore von der japanischen Suntory-Gruppe übernommen, die 2014 in Beam Suntory umfirmiert wurde.
Bis heute ist Bowmore für seine Innovationsfreude bekannt. Ein Beispiel dafür ist der Bowmore Mizunara, der 2015 als erster Single Malt in japanischen Mizunara-Fässern reifte. Zudem wird die Wärme aus der Whiskyproduktion zur Beheizung eines öffentlichen Schwimmbads genutzt, eine Besonderheit, die Bowmore von anderen Brennereien unterscheidet. Seit 2024 hat sich Beam Suntory umfirmiert zu Suntory Global Spirits.
Tour durch die Produktion bei Bowmore
Kim, unser Guide, holt uns um 10:15 Uhr vor der Tür ab und führt uns an der langen Schlange vorbei direkt in den Tasting Raum. Dort startet die Tour mit einem Bowmore 12yo – einem „Frühstücks-Whisky“, der uns gut auf den Tag einstimmt.
Unsere erste Station führt uns ins Produktionsgebäude, zu den Steeping Vessels, wo das Malz eingeweicht wird. Kim erklärt uns den Prozess detailliert, und wir bekommen sogar die Gelegenheit, auf den Malzboden zu gehen. Hier dürfen wir selbst Hand anlegen und das Malz mit einem Rechen wenden – eine schöne Möglichkeit, einen Teil des Handwerks direkt mitzuerleben.
Anschließend geht es in den leeren Kiln. Obwohl die Glut schon erloschen ist, spüren wir noch die Restwärme des Ofens. Durch das perforierte Gitter sehen wir die Öffnung, durch die das Malz zur Mühle transportiert wird. Ein faszinierender Einblick, der den meisten Besuchern wohl verborgen bleibt.
Unter dem Kilnboden sammeln sich Malzreste, die später entnommen werden müssen. Es ist beeindruckend, diese eher unscheinbaren, aber wichtigen Bereiche der Destillation so nah zu erleben. Die Hitze ist merklich spürbar, und wir bekommen eine Ahnung davon, wie aufwendig die Arbeit hier sein muss.
Weiter geht es zu den Washbacks, den großen Gärbottichen. Hier beginnt der Whisky zu gären. Michael probiert das sogenannte „Bier“, das während der Fermentation entsteht – mit einem Lächeln, das zeigt, dass er schon bessere Biere gekostet hat. Über den Washbacks hängen Schilder mit den Namen der ehemaligen Besitzerfamilien, eine Erinnerung an die lange und wechselvolle Geschichte der Destillerie.
Im Stillhouse angekommen, freue ich mich besonders, dass Fotografieren dieses Mal erlaubt ist. Bei meinem letzten Besuch war das noch strengstens verboten. Kim führt uns durch den Raum, und ich nutze jede Gelegenheit, um die Brennblasen und das technische Equipment abzulichten. Ein kleiner, aber feiner Unterschied zu meinem letzten Besuch und ein schöner Moment auf dieser Tour.
Zum Abschluss geht es ins legendäre Vaults No. 1, das direkt am Ufer von Loch Indaal liegt. Hier warten bereits drei Gläser Whisky sowie ein Glas New Make auf uns. Kim hat ihre Favoriten aus dem Bowmore-Sortiment ausgewählt, und die Verkostung ist ein Genuss. Besonders schön finde ich, dass die Guides hier nicht nur die Tour flexibel gestalten können, sondern auch ihre eigenen Lieblingswhiskys vorstellen dürfen.
Diese Drams durften wir in den Vaults No. 1 verkosten (im Bild von rechts nach links):
- New Make,
- Bowmore Warehousemen’s Selection, 1999 Craftmen’s Collection, 3.000 Flaschen, 17yo, 51.3%, WB101950
- Bowmore, Frank Quitely – Lovers Transformed, Refill PX + Oloroso seasoned, 8.000 Flaschen, 23yo, 50.9% (Travel Retail Exclusive), WB246766
- Bowmore, Distillery Exclusive, Hand-filled Festival 2023, Virgin Oak, Cask #3777, 7yo, 61%, WB233531
Alle drei Whiskys waren beeindruckend, aber der erste hat mir besonders gut gefallen.
Technische Daten der Bowmore Distillery
Das Malz kommt von 16 Farmen und ist zu 100% schottisch. Vier mal im Jahr wird nur eigenes Malz in Batches verarbeitet. Aktuell ist dies Laureate. Bei eigenem Malz entsteht im Vergleich leichterer und fruchtigerer Whisky. Bis 1984 wurde der Torf noch per Hand auf Islay gestochen. Damals 18 Tonnen pro Woche werden jetzt nur noch 3 Tonnen pro Woche verbraucht.
Auf den 3 Malting Floors können jeweils ca. 14 Tonnen Malz produziert werden. Mit den „Chariots“ (die Schubkarren) wird die eingeweichte Gerste verteilt und dann alle 4 Stunden mit dem „Grubber“ (dem Rechen) und alle 24 Stunden mit der Maschine gewendet. Die 14 Tonnen werden dann über ein Loch im Boden mit einer „Schnecke“ in den Kiln befördert. Dort gibt es für 10 Stunden Torfrauch und weitere 34 Stunden nur heiße Luft. Dabei entsteht ein Torfgehalt von 25-30 PPM. Die eigene Produktion deckt etwa 25% des Gesamtbedarfs. Der Rest wird von Simpsons Maltings angeliefert.
Vor der Porteus Mühle von 1966 gibt es einen „Dresser“, der die Steine herausschüttelt. Über einen „Tipper“ werden jeweils 20kg abgewogen und in die Mühle gekippt. Der Tipper hat einen Zähler anhand dessen die Operatoren die Menge „abmessen“. Gemahlen wird mit 70/20/10.
In die 8 Tonnen Mashtun kommen 6 Tonnen von Simpsons und 2 Tonnen des eigenen Malzes. Gearbeitet wird mit 3 Wassern (63.5°C 27.000 Liter, 76°C 13.000 Liter und 86°C 27.000 Liter). Die ersten beiden ergeben 40.000 Liter, die in ein Washback geleitet werden – über einen Underback – und die restlichen 27.000 Liter werden in einem der Kupferkessel aufbewahrt als erstes Wasser für das nächste Batch.
Insgesamt gibt es 7 hölzerne Washbacks über denen die Namen der Eigentümerfamilien angebracht sind. Nach 8 Stunden im Washback startet die Reaktion mit der Hefe. Auf allen Washbacks sind Switcher angebracht. Die Fermentationszeit beträgt 70 Stunden. Zwei Behälter, die aussehen wie Washbacks sind aus Stainless Steel und mit Holz ummantelt. Die dienen für die Aufbewahrung von heißem Wasser. Apropos Wasser: pro Tag braucht die Destillerie 1,5 Millionen Liter Wasser aus dem Laggan River.
Je 20.000 Liter aus einem Washback werden dann in eine der 2 Wash Stills (max. 30.940 Liter) geleitet. Von dort geht es weiter in eine der beiden Spirit Stills (SS1: 14.750 Liter, SS2: 14.637 Liter max.). Am Ende entstehen aus einem Batch ca. 4.800 Liter New Make. Die Cut Points liegen bei 79-74% (Foreshots), 74-62% (Middle Cut / Heart) und alles unter 62% ist für die Feints. Abgefüllt in die Fässer wird mit 63.5%. Pro Jahr werden 2.2 Mio LPA hergestellt.
Fazit meiner Tour durch die
Die Atmosphäre im Lagerhaus, die Informationen und Anekdoten von Kim und die super abgestimmte Verkostung mit raren Bowmores machen diesen Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis. Auch wenn der Open Day nicht ganz reibungslos verlief, versöhnt mich diese Tour bei Bowmore definitiv mit der Distillery.
Weitere Informationen
- Eine Zusammenfassung meines Schottland Roadtrips 2024 (#SRT24) findest Du hier. Oder Du nutzt das Hashtag #SRT24 an dem Artikel.
- Die Bowmore Distillery auf meiner Whisky-Schottlandkarte
- Und wenn Du noch mehr Destillerien aus der Nähe sehen willst, wirst Du hier fündig: Hauptmenü -> Themen -> Destillerietouren (neueste zuerst) oder auf der Seitennavigation (alphabetisch).
- Meinen letzten Besuch findest Du hier: Bowmore Open Day 2015
- Die Webseite der Bowmore Distillery hilft Dir bei den Touren weiter. Meine „Tour Guides Selection Tour and Tasting“ kam 80.- GBP und wird aktuell nicht angeboten.