Ardbeg Day 2024 – Zirkus und BBQ auf Islay
Zwei besondere Erlebnisse auf Islay: Ein entspanntes BBQ bei der Ardbeg Destillerie drei Tage vor dem großen Ardbeg Day 2024, der mit Zirkusakrobaten und seltenen Whiskyschätzen aufwartet. Das war ein Muss für alle Fans der legendären Islay-Destillerie.
Hintergrundwissen
Mir ist aufgefallen, dass ich die Geschichte von Ardbeg bisher nicht aufgeschrieben habe – vielleicht, weil die Quellen manchmal so widersprüchlich sind wie die Eindrücke bei einem Whisky Tasting. Aber im Großen und Ganzen sollte das hier stimmen. Für alle, denen das zu langweilig klingt: einfach weiter zum nächsten Kapitel!
Schon 1794 wurde auf dem Gelände der heutigen Destillerie von Alexander Stewart eine illegale Brennerei betrieben, die Duncan MacDougall 1798 übernommen hat. Die Geschichte der Ardbeg Destillerie beginnt aber offiziell im Jahr 1815, als die Familie MacDougall die Lizenz zur Whisky-Produktion erhielt. John MacDougall legte den Grundstein für eine Brennerei, die sich über Jahrzehnte hinweg zu einem zentralen Bestandteil der Whisky-Welt entwickeln sollte. Sein Sohn, Alexander MacDougall, übernahm später die Leitung musste aber 1837 Insolvenz anmelden.
Im Jahr 1838 wurde die Destillerie von Thomas Buchanan, einem Spirituosenhändler aus Glasgow, für 1.800 Pfund übernommen, während Alexander MacDougall weiterhin die Geschäfte führte. Nach dem Tod von Alexander, vermutlich um 1853, übernahmen seine Schwestern Margaret und Flora die Leitung der Destillerie, was sie zu einigen der ersten weiblichen Destillerie-Betreiberinnen in Schottland machte. In dieser Zeit wurden die Schwestern von Colin Hay unterstützt.
Die Destillerie erlebte Ende des 19. Jahrhunderts ein beeindruckendes Wachstum, und die Produktionsmenge übertraf laut Alfred Barnard, einem der renommiertesten Whisky-Schriftsteller dieser Zeit, die Marke von 1,1 Millionen Litern pro Jahr. Im Jahr 1911 sicherte sich Ardbeg das Warenzeichen für den Namen „Ardbeg“ und das markante „A“-Logo, um die Marke und ihren Ruf vor Fälschungen und Nachahmungen zu schützen.
Der Anfang des 20. Jahrhunderts brachte weitere Veränderungen mit sich. Die Familie Hay blieb bis in die 1920er Jahre involviert, bevor 1922 Alexander MacDougall & Co Ltd die Destillerie für 19.000 Pfund von Iain Ramsay (Sohn von John Ramsay, Port Ellen) kaufte. Dies war eine schwierige Zeit, als der Weltkrieg, die amerikanische Prohibition und die wirtschaftliche Depression die Whisky Industrie in den 1920er Jahren schwer trafen.
1959 gab es einen bedeutenden Wandel, als die Destillerie durch Investitionen (Minderheitsbeteiligung) von DCL (Distillers Company Limited) und dem kanadischen Unternehmen Hiram Walker neue Unterstützung erhielt. Diese Zusammenarbeit führte zu einem Aufschwung in den 1960er und 1970er Jahren, da die Nachfrage nach rauchigem Whisky stieg. Die Produktion erreichte neue Höhen. 1974 wurde mit 1,4 Millionen Litern die damals größte mögliche Produktion erreicht. Zusätzliches torfiges Malz musste aus der Port Ellen Mälzerei (1973 eröffnet) und von Hiram bezogen werden.
1977 übernahm Hiram Walker die vollständige Kontrolle, indem es die 50%-Beteiligung von DCL für 300.000 Pfund aufkaufte und gleichzeitig alle übrigen Anteile erwarb. Doch der Markt für rauchigen Whisky war volatil, und um auf die sinkende Nachfrage (u.a. Überproduktionskrise, Whiskyloch) zu reagieren, begann Ardbeg mit der Produktion eines weniger getorften Whiskys, des sogenannten „Kildalton“, denn Kunden orientieren sich zu hellerem Alkohol. Bei vielen Destillerien gab es in dieser Phase erst Kurzarbeit, dann Schließung und das zum Teil für immer.

Am 25.03.1981 wurde schließlich auch Ardbeg stillgelegt. Mit der Stillegung wurden die Malting Floors das letzte Mal genutzt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Malz Spezifikation von Hiram bei 80-110 PPM (Torfgehalt, Phenol Parts per Million). 1987 übernahm Allied Lyons das Unternehmen Hiram Walker und damit auch die Ardbeg-Destillerie. Im November 1989 wurde die Brennerei von Allied wieder in Betrieb genommen. Die Crew der Nachbarbrennerei Laphroaig produzierte für maximal zwei Monate ca. 200.000 Liter pro Jahr. Die Produktion startete im Oktober und das erste Fass wurde am 08.11.1989 gefüllt. In dieser Zeit wurde wenig für die Instandhaltung unternommen. Die Ardbeg Lagerhäuser wurden für die Lagerung von Laphroaig genutzt. Hauptabnehmer war der Buchanan Blend. Der Torfgehalt betrug nur noch 30-45 PPM. Die Zeiten blieben schwierig, und 1991 verstummte die Destillerie erneut.
1997 kam die Wende: Glenmorangie übernahm Ardbeg für 7 Millionen Pfund, einschließlich des verbliebenen Lagerbestands. Damit begann eine neue Ära für Ardbeg. Beim Kauf gehörte Glenmorangie noch McDonald & Muir, die damals auch Eigentümer von Glen Moray waren. Glenmorangie investierte in die Marke, modernisierte die Anlagen und schuf mit einem Besucherzentrum und Café einen beliebten Anlaufpunkt für Whisky-Fans. In dieser Phase baute Ardbeg seine Reputation als Kult-Single-Malt weiter aus. 2004 wurde Glenmorangie und damit Ardbeg von LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton, ein französisches Luxusgüterunternehmen) übernommen.
Die ersten neuen Veröffentlichungen waren aufgrund der begrenzten Bestände zunächst ältere Abfüllungen, wie der 17-jährige Whisky. Es dauerte bis 2008, bis der erste 10-jährige Whisky aus eigener Produktion wieder auf dem Markt erschien. Zwischen 2004 und 2008 gab es bereits Zwischenabfüllungen wie ‚Very Young‘, ‚Still Young‘ und ‚Almost There‘, die einen Einblick in die Entwicklung des Whiskys gaben und mit zu den ersten Abfüllungen gehörten, die sehr jung und trotzdem hohen Preisen verkauft wurden.
2018 wurde der Bau eines neuen Still Houses (Brennereigebäudes) begonnen und 2021 fertiggestellt, um die Produktionskapazität zu verdoppeln (mehr Details siehe „Technische Daten“). Ein Meilenstein in der modernen Geschichte von Ardbeg wurde 2022 erreicht, als ein einmaliges 1975er Fass für einen Rekordpreis von 16 Millionen Pfund verkauft wurde. Ein Teil des Erlöses – 1 Million Pfund – wurde als Beitrag zur Gemeinde und sozialen Projekten auf Islay gespendet.
Ardbeg BBQ – Alte Freunde, neue Erlebnisse und viel Rauch
Es ist Donnerstag, und wir haben einen langen Wandertag hinter uns. Karsten, Michel und ich kommen entspannt am Ardbeg BBQ an – das große Highlight des Abends. Schon lange freue ich mich darauf, und wir kommen früh genug, um uns draußen einen guten Platz zu sichern. Die Taschen abgestellt, die mitgebrachten Flaschen ausgepackt – der Abend kann beginnen.

Das Motto des BBQ lautet „BYOB – Bring Your Own Bottle“. Jeder bringt eine besondere Flasche mit, die er mit den anderen teilen möchte. Ich habe mich für einen SMWS 33.134 – Peat roasted pig Hawaiian style entschieden, eine spannende Abfüllung, die schon beim Öffnen ordentlich Eindruck macht. Der Rest der Flasche bleibt später bei Jackie – fürs Team.
Alte Bekannte, neue Gesichter – der Abend entwickelt sich prächtig. Ich unterhalte mich in Ruhe mit Colin Gordon, Jackie Thomson und Alec Gillespie. Im Laufe des Abends erzählt uns die Master Blenderin Gillian Macdonald persönlich von der diesjährigen Sonderabfüllung. Die perfekte Gelegenheit, mehr über die neuesten Entwicklungen bei Ardbeg zu erfahren, während im Hintergrund Musik () spielt und wir uns durch das Buffet schlemmen.
Die Grillstation ist ein riesiges Monster (Ardb3g BBQ 1), von einem der Operator gebaut aus Distillery-Bauteilen, und sorgt dafür, dass das BBQ nicht nur lecker, sondern auch richtig authentisch wirkt. Alec, mit dem ich vor Jahren mal eine Schicht geschoben habe, nimmt uns am Abend auf eine kleine Sondertour ins neue Still House mit. Die Stimmung ist fantastisch, und als er das riesige Fenster aufmacht, eröffnet sich uns ein beeindruckender Blick auf die Bucht von Ardbeg. Eine dieser magischen Nächte, die man nicht so schnell vergisst.
Ein großartiger Abend, an dem wir viel lachen, uns bestens unterhalten und die Zeit mit Freunden – alt und neu – genießen. Doch das ist nur der erste Teil meiner Ardbeg-Reise. Am Samstag, beim letzten Open Day des Festivals, geht es noch einmal zurück zur Destillerie. Es wird spannend – der krönende Abschluss steht uns erst noch bevor – der Ardbeg Day 2024!
Ardbeg Day 2024 – Zirkus, Spektakel und unvergessliche Momente
Es ist soweit – heute ist Ardbeg Day, mein persönliches Highlight des Festivals. Als bekennender Ardbeg-Fan freue ich mich besonders auf diesen Tag. Wie immer lassen wir uns mit dem Taxi zur Destillerie bringen, und schon steht eine lange Schlange vor dem Eingang. Die Vorfreude steigt, und bevor die Tore sich öffnen, zieht die gesamte Ardbeg-Crew in voller Montur an uns vorbei. Das diesjährige Thema ist Zirkus, und so sehen wir alles – von Clowns über Akrobaten bis hin zu verkleideten Affen, die waghalsige Kunststücke vollführen. Jackie ist als Zirkusdirektorin unterwegs, und Colin trägt als „Chef“ stolz einen Zylinder.
Nach einem Gruppenfoto vor dem Eingang dürfen wir endlich rein und erkunden das Gelände. Es ist wie ein großer Spielplatz für Whisky-Liebhaber: Überall gibt es Aktivitäten, und Zirkusakrobaten laufen über das gesamte Areal verteilt herum. Wir sehen Affen, die Saltos schlagen, feuerschluckende Frauen, Seiltänzerinnen und Stelzenläufer, die (menschliche) Marionetten durch die Menge führen. Ardbeg hat sich auch bei den Spielen ins Zeug gelegt: Es gibt Fässer, um die man Hula-Hoop-Reifen werfen muss, und Kokosnüsse, die man mit Fass-Stöpseln aus Holz von Säulen werfen soll. Und für die kleineren (und ein paar größere) Festivalbesucher gibt es ein Planschbecken mit schwimmenden Enten zum Herausfischen.
Mein persönliches Highlight des Tages ist die Masterclass mit Colin Gordon. Gleich zu Beginn haben wir die letzten Tickets dafür ergattert, und als es soweit ist, folgen wir Colin auf eine kleine Wiese hinter dem neuen Still House. Jeder von uns bekommt eine Box mit fünf Proben und etwas Schokolade – die perfekte Begleitung zur Verkostung. Colin und seine Begleiter erzählen Anekdoten und Hintergrundgeschichten zu den Whiskys, während wir gemeinsam genießen.
In der Box für die Masterclass des Ardbeg Day 2024 waren:
- Ardbeg Spectacular, 46% (die Sonderabfüllung für den Ardbeg Day 2024)
- Ardbeg Supernova 2009, „Stellar Release“, 58.9%
- Ardbeg Vintage Y2K, 46%
- Ardbeg 2012, Cask #907, 2nd Fill Bourbon, 55.4%
- Ardbeg Single Cask #3771, 14yo, 59%
Neben dem Single Cask #3771 gab es auch eine weitere Sonderabfüllung Single Cask #2453 vor Ort und danach noch Online (550.- EUR). Es ist eine fantastische Mischung aus Wissen und Genuss, und die Sonne über Ardbeg setzt dem Ganzen die Krone auf. Auf dem Gelände wurde sogar Sonnencreme verteilt (Danke Julia, ihres Zeichen für Health & Safety verantwortlich).
Neben der Masterclass gibt es noch viele andere Stationen: Eine Box, an der man für 5£ Lose (mit einer Fachnummer) ziehen kann, hinter denen sich ein Dram verbirgt. Es gibt Nieten, aber auch wahre Schätze, die längst nicht mehr im regulären Sortiment zu finden sind. Natürlich gibt es auch an der Bar nicht nur die aktuellen Abfüllungen, sondern auch einige alte Raritäten, die für einen kleinen Obolus zu haben sind. Ein wahrer Traum für jeden Sammler und Genießer.
Zu den Attraktionen gehört auch eine große Rutsche („Helter-skelter“), die spiralförmig um das Gelände herumführt. Natürlich lasse ich mir den Spaß nicht entgehen und rutsche auf einem kleinen Teppich herunter – ein Riesenspaß, der den Tag abrundet.
Bevor wir Ardbeg verlassen, machen wir noch einen kleinen Spaziergang auf den Hügel hinter der Destillerie. Von dort oben genießen wir den atemberaubenden Blick auf die Bucht und die Destillerie, die uns diesen unvergesslichen Tag beschert hat.
Doch leider neigt sich der Ardbeg Day 2024, und damit auch das Festival, dem Ende zu.
Technische Daten der Ardbeg Distillery
Die Ardbeg Destillerie hat sich seit meiner Schicht 2014 und meinem letzten Besuch 2015 spürbar weiterentwickelt. Von neuen Pot Stills bis hin zu verlängerten Fermentationszeiten – hier sind die wichtigsten Veränderungen, die die Brennerei inzwischen umgesetzt hat.
Die grüne Bobby Mühle ist ebenso wie die Semi-Lauter-Mashtun (Maischbottich, seit 1999) im Einsatz. Die Kapazität der Mashtun beträgt 5 Tonnen Schrot. Die Washbacks (Gärbottiche) aus Oregon Pine haben sich verdoppelt: Statt sechs stehen nun 12 Washbacks zur Verfügung. Die ersten beiden neuen Washbacks wurden 2018 (gegenüber vom mash house) installiert, und Anfang 2022 folgten vier weitere im alten Bereich für die Malzbehälter.
Ardbeg hat die Anzahl seiner Pot Stills von zwei auf vier (neue) erhöht. Seit März 2021 sind jeweils zwei Wash und zwei Spirit Stills im Einsatz. Die Spirit Stills sind zudem wie die Vorgänger Spirit Still mit Purifier ausgestattet, was die Reinheit des Whiskys nochmals steigert. Die Wash Stills haben eine Maximalkapazität von 18.270l (werden 2x mit 11.500l gefüllt) und die Spirit Stills mit 16.957l (werden mit 13.000l gefüllt).
Der Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr ist geblieben. Vorher schaffte Ardbeg 16 Mashes pro Woche, aber durch das neue Brennhaus waren zeitweise bis zu 26 Mashes möglich. Der Durchschnitt liegt aktuell bei 18 Mashes / Woche.
Die Fermentationszeit ist länger geworden. Statt 55 Stunden beträgt sie jetzt bis zu 76 Stunden, was dem Whisky mehr Raum zur Aromenentwicklung gibt.
Die jährliche Produktionskapazität hat sich deutlich erhöht. Während 2013 noch 1,3 Millionen Liter Alkohol produziert wurden, liegt die Kapazität nun bei 2,4 Millionen LPA.
Fazit meiner Besuche bei Ardbeg
Das BBQ steht jedes Jahr auf dem Programm, aber mein letzter Besuch liegt schon eine Weile zurück – 2015, um genau zu sein. Auch wenn ich es in naher Zukunft wohl nicht wieder schaffen werde, bleibt die Vorfreude auf das Event dieselbe. Es war eine Freude, alte Freunde wiederzutreffen und neue Bekanntschaften zu knüpfen. Der Abschied fällt schwer, und morgen beginnt unsere Heimreise. Doch die Erinnerungen an diese außergewöhnliche Woche und die besonderen Erlebnisse bei Ardbeg werden lange nachklingen. Der Ardbeg Day 2024 war mein persönliches Highlight des Festivals – ein Tag voller Spektakel, tollen Whiskys und unvergesslicher Momente.
Obwohl Ardbeg für seine kreativen Marketingaktionen bekannt ist, hat das Team vor Ort mit wenig Budget, aber umso mehr Energie und Enthusiasmus eine fantastische Atmosphäre geschaffen. Alle Mitarbeiter waren passend zum Zirkus-Motto verkleidet und haben dafür gesorgt, dass es uns rundum gut geht. Genau diese Leidenschaft ist einer der Gründe, warum Ardbeg meine Lieblingsdestillerie ist.
Weitere Informationen
- Eine Zusammenfassung meines Schottland Roadtrips 2024 (#SRT24) findest Du hier. Oder Du nutzt das Hashtag #SRT24 an dem Artikel.
- Meinen letzten Besuchsbericht findest Du hier: Schicht als Stillman und Mashman bei Ardbeg
- Die Ardbeg Distillery auf meiner Whisky-Schottlandkarte
- Alles über das neue Still House: Neues Ardbeg Stillhouse mit 4 Stills ist fertig!
- Die Webseite der Ardbeg Distillery
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